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Carbon in Sport und Alltag

ID: 89271

Eine Frage der Kohle
Carbon am Rad hat Hochkonjunktur, doch was bringt der leichte Werkstoff wirklich? Der pressedienst-fahrrad beleuchtet das FĂĽr und Wider eines Materials, das je nach Fahrradtyp unterschiedlich viel Nutzen bringt. Eines ist bei allen gleich: Carbon hat seinen Preis.

(firmenpresse) - Carbon am Rad hat Hochkonjunktur, doch was bringt der leichte Werkstoff wirklich? Der pressedienst-fahrrad beleuchtet das FĂĽr und Wider eines Materials, das je nach Fahrradtyp unterschiedlich viel Nutzen bringt. Eines ist bei allen gleich: Carbon hat seinen Preis.

[pd-f] Die Frage, ob Carbon beim Fahrrad Sinn macht, ist eng an eine weitere Frage gekoppelt, nämlich: Wie viel darf ein Fahrrad wiegen? Kommt ganz drauf an, sagt der Experte, ob es sich um ein Cityrad, ein Mountainbike oder gar ein Rennrad handelt. Denn während sich Alltagsradler nur mäßig für das Thema Gewicht interessieren, sind sportliche Off- oder Onroader geradezu besessen von dem Gedanken, möglichst wenig Fahrrad-Masse unter sich zu haben. „Eine Faustregel besagt, dass ein Kilo weniger Gewicht am Berg ein Prozent Kraftersparnis bringt“, erklärt Stefan Scheitz vom Fahrradhersteller Felt (www.felt.de), der das US-Profiteam Garmin-Slipstream mit superleichten Carbon-Rennrädern ausstattet. Im Leistungssport ist das beachtlich, weswegen der Werkstoff Carbon seinen Weg in die Fahrradwelt über das Rennrad nahm. Schon Mitte der 1980er Jahre experimentierten diverse Hersteller mit dem exotischen Material; richtig in Fahrt kam der Carbon-Zug jedoch erst gut zehn Jahre später, als immer mehr Radprofis auf die Kohlefaserrahmen setzten. Noch einmal zehn Jahre später, also um 2005, waren auch Mittelklasse-Rennräder um 1.600 Euro „in Carbon“ zu haben; inzwischen setzen hochklassige Mountainbikes auf den Werkstoff und vermehrt auch edle Touren- und Trekkingbikes. Die Frage, was Carbon wirklich bringt, stellt sich also zunehmend auch dem interessierten Alltagsradler.

Stoff aus Harz und Kohle
Carbon – was ist das doch gleich noch? Die technische Bezeichnung für den Wunderwerkstoff lautet kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) – Kohlenstofffilamente, die aus der Verkohlung von Kunstfasern gewonnen werden. Zu Fäden gesponnen, werden sie als Gewebe oder Gelege weiterverarbeitet und in eine Harzmasse (genannt Matrix) eingebettet, wodurch die Bauteile nach dem Aushärten ihre feste Form bekommen. Die Harzmatrix ist auch verantwortlich dafür, dass Carbon-Bauteile letztlich deutlich schwerer sind als die Fasern selbst – doch ohne das Harz wären Rahmen und Komponenten aus Carbon in etwa so formstabil wie ein Bettbezug. Gewichtsrekorde kann man mit dem Komposit-Material jedenfalls locker brechen: Während ein leichter Rennradrahmen aus Aluminium knapp 1.300 Gramm wiegt und ein ausgereiztes Topmodell aus Stahl gut 1.450 Gramm, wiegen Highend-Carbonrahmen teilweise nur 850 Gramm. Selbst ein einfacher Carbon-Rennrahmen ist mit 1.200 Gramm immer noch außerordentlich leicht.




Neben dem Gewichtsaspekt ist eine zweite Eigenschaft des Materials interessant für den Fahrradbau: „Ein großer Vorteil ist ja, dass Carbon quasi nicht ermüdet“, erklärt Christian Malik, Produktmanager beim Radhersteller Haibike (www.haibike.de). Aluminiumrahmen dagegen schwächeln irgendwann, wobei es auch stark auf die Machart und die Einsatzbedingungen ankommt. Letzteres ist auch der Grund dafür, dass viele Mountainbiker dem Werkstoff eher skeptisch gegenüberstehen. Ruppige Geländeritte und gelegentlicher Bodenkontakt setzen dem Material härter zu als das Gleiten über glatten Asphalt. Doch in Sachen Stabilität muss man sich auch im Gelände keine Sorgen mehr machen. „Besonders beim Mountainbike ist es wichtig nicht nur den sogenannten Stiffness-to-Weight-Faktor, also die Seitensteifigkeit in Bezug zum Gewicht, zu optimieren, sondern auf die Gesamt-Belastbarkeit des Rahmens zu achten“, erklärt Malik. Haibike stattet zahlreiche Rennteams aus und setzt auf zähes Epoxidharz und zusätzliche Kevlar-Fasern an Unter- und Oberrohr. So kann der Rahmen auch im Falle eines schweren Sturzes nicht auseinanderbrechen – etwas, das im Rennbetrieb schon mal passieren kann. Dennoch muss ein solchermaßen verstärkter MTB-Rahmen nicht mehr als 1.350 Gramm wiegen; superleichte Modelle gibt es sogar unter 1.000 Gramm.

Alu: nicht von gestern
Ob sich die Investition in ein Carbon-MTB lohnt, ist Ansichtssache – im Vergleich zu identisch ausgestatteten Alu-Modellen muss man laut Malik etwa 600 Euro Mehrpreis einkalkulieren. Dabei wiegt ein leichter Aluminiumrahmen kaum 300 Gramm mehr als ein Carbon-Modell. Und da beim Mountainbike die Ausstattung deutlich stärker ins Gewicht fällt als beim Rennrad – Stichwort Federgabel –, ist der Effekt des leichten Faserrahmens vergleichsweise geringer, dennoch kann dies über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Vom Sport zum Alltag
Inzwischen gibt es auch viele Trekkingräder aus dem „schwarzen Gold“. Mancher Hersteller bietet sogar mehrere Modelle. Zum Beispiel Hercules (www.hercules-bikes.de): Ein Modell wie das Exell Carbon XT für 1.999 Euro wiegt nur knapp über 13 Kilo, für ein alltags- und reisetaugliches Fahrrad mit Vollausstattung inklusive Federgabel ein Traumwert. „Diese Räder sind natürlich keine Stückzahlenmodelle“, erklärt Hercules-Marketingfrau Katrin Pfeuffer. Eher dienen die Carbon-Trekker dazu, die Modellpalette nach oben abzurunden und Fahrradfreunden etwas ganz Besonderes zu bieten. Das vor allem wahre Kenner der Materie auf Carbon-Alltagsräder setzen, ist auch ganz gut so – Stöße mit dem kantigen Bügelschloss oder Umkipper auf harte Gegenstände à la Laternenpfahl können die Faserstruktur empfindlich verletzen. Letztlich gilt es zu bedenken, dass der Rahmen am Trekkingrad noch weniger zum Gesamtgewicht beiträgt als beim Mountainbike, schließlich ist zahlreiches Zubehör wie Lichtanlage, Gepäckträger und Schutzbleche an Bord – der relative Gewichtsvorteil im Vergleich zum Alu-Rad ist also gering.

Federn ohne Fasern
Ein Hersteller, der dem Thema Carbon am Alltags- und Reiserad kritisch gegenübersteht, ist riese und müller (www.r-m.de). Die Vollfederungs-Spezialisten haben durchaus Fahrräder im Angebot, bei denen auf Gewichtsreduzierung stark Wert gelegt wird, etwa das legendäre Faltrad Birdy. Doch Firmenchef Markus Riese ist unerbittlich: „Besonders bei einem Rad, dem sein Nutzer so viel abverlangt wie dem Birdy, bin ich klar gegen Carbon. Die dauernden Faltvorgänge und der nicht immer sanfte Transport in Bahn oder Auto würden einem Faserrahmen auf Dauer zu stark zusetzen“, betont Riese. Das Material seiner Wahl ist Aluminium, denn: „Alu ist ein Material, das in jeder Hinsicht mehr verzeiht – bei der Anwendung ebenso wie in der Produktion.“ Der Ingenieur spricht nutzungsspezifische Verfehlungen wie das erwähnte Traktieren mit dem Bügelschloss an und kommt zu dem Schluss: „Carbon ist für uns einfach nicht alltagstauglich.“

Vom GroĂźen ins Kleine
So viel zum Thema Rahmen – doch längst gibt es nahezu jedes andere Fahrrad-Bauteil aus Kohlefasern, selbst Speichen und Kettenblätter. Auch hier stellt sich die große Frage des Nutzens, und wiederum sind es vor allem die Sportfahrer, die Carbon in Betracht ziehen können. Beispiel Sram (www.sram.com): Die amerikanische Komponenten-Schmiede bestückt ihre Top-Rennradgruppe „Red“ mit Kurbeln, Bremsgriffen und Schaltwerk aus Carbon. „Besonders an materialintensiven Komponenten wie den Tretkurbeln hat der Einsatz von Carbon merkliche Gewichtseinsparungen erbracht“, erklärt Sram-Marketingmann Dirk Belling.
„Grundsätzlich ist etwa bei Lenkern und Sattelstützen aus Carbon ein Gewichtsvorteil nur bei sehr hochwertigen Teilen gegeben“, sagt auch Rolf Häcker, Produktmanager des Komponentenherstellers Humpert (www.humpert.com). „Um Carbon materialgerecht zu konstruieren, ist sehr intensive Entwicklung und vor allem Handarbeit nötig. Dies schlägt finanziell zu Buche – aber auch in hoher Qualitätsstreuung.“ So wiegt ein durchschnittlicher Alu-Rennlenker um die 250 Gramm, ein Carbon-Modell knapp 200 Gramm – bei dreifachem Preis.
Solche Lenker seien durchaus sicher, so Häcker, problematisch jedoch werde es, wenn es zu einem Sturz käme: „Schon wenn das Lenkerband nach einem Sturz Beschädigungen aufweist, sollte der Lenker sicherheitshalber ausgetauscht werden. Bei einem 40-Euro-Lenker können Sie das leicht vermitteln, aber bei einem 200-Euro-Carbonlenker sind viele Fahrer beratungsresistent und verwenden das Teil weiter.“ Bei Carbon seien Schädigungen von außen meist nicht sichtbar, die äußere Schicht sei nur Dekor. Auch müssten z. B. Carbon-Vorbauten für die Kombination mit Carbon-Lenkern freigegeben sein: Die Lenkerklemme wird anders konstruiert als für Aluminiumlenker.
Häcker weist außerdem darauf hin, dass Carbon-Bauteile besondere Sorgfalt bei der Montage erfordern. „Sämtliche Befestigungsschrauben müssen mit dem vom Hersteller angegebenen Anzugsmoment montiert werden, was nur mit einem Drehmomentschlüssel möglich ist. Die Schrauben einfach nur anzuziehen, kann schon bei der Montage zu gefährlichen Vorschädigungen führen, die unter Umständen nicht zu sehen sind. Sobald man dabei ein Knacken hört, muss man das Teil austauschen – so bitter das sein mag.“ Sein Fazit: „Wer nicht darauf angewiesen ist, das letzte Gramm herauszukitzeln, sollte durchaus bei Alu-Komponenten bleiben.“

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Datum: 13.05.2009 - 09:15 Uhr
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