(ots) - Alles nur gelogen?
Hans-Michael Holczer hat also nichts gewusst. Es überrascht nicht.
Abstreiten gilt bei Radsportlern und ihrem Umfeld schon als eigene
Disziplin, die die meisten beinahe so emsig trainiert haben wie das
Strampeln auf dem Sattel.
Auch Stefan Schumacher hatte ja nie gedopt - zumindest sagte er
das selbst. Bis es ihn kürzlich doch in den Beichtstuhl drängte. Im
Stern erzählte er von Koffern mit Medizin, die im Mannschaftsbus zur
Selbstbedienung einluden. Er berichtete von Spritzen, die zum Alltag
gehörten wie die Portion Nudeln. Und er belastete Holzcer, seinen
alten Chef. Ein cleverer Schachzug vor dem Prozess, in dem es auch um
viel Geld geht. Wer etwas tut, was bekannt ist, betrügt nicht. Doch
reine Taktik wird es nicht sein.
Das Bild vom Anti-Doping-Kämpfer Holczer bröckelt, auch weil viele
seiner einstigen Profis erwischt wurden. Dass sie ihre Spritzigkeit
allein vom Mineralwasser des Hauptsponsors bekamen, kann Holczer kaum
geglaubt haben. Nur bedeutet nicht glauben genau wissen? Auch um
diese Feinheit dürfte es in dem Prozess noch gehen.
Das alles erinnert an die Differenzierung, auf die sich einst Jan
Ullrich bezog: Man betrügt nicht, wenn alle was nehmen. Argumente aus
einer Zeit, die den Radsport immer wieder einholt. Einst wandte
Holczer sich deshalb desillusioniert von ihm ab. Doch 2012 kehrte er
als Katusha-Manager zurück. Wen wundert es da, dass er nichts wusste?
Susanne Fetter
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207