Interview mit den Schirmherren Ramsauer, Zeil, Niebler
(PresseBox) - Die 4. Internationale Leitmesse fĂŒr Elektro- und Hybrid-MobilitĂ€t, die eCarTec findet vom 23. - 25. Oktober 2012 auf dem GelĂ€nde der Messe MĂŒnchen statt und zeigt in den Hallen B1 - B3 Elektrofahrzeuge, Speichertechnologien, Antriebs- und Motorentechnik und beschĂ€ftigt sich zusĂ€tzlich mit den Themen Energie, Infrastruktur und Finanzierung. Ein TestgelĂ€nde (eCarLiveDrive), auf dem Endverbraucher die neusten Elektrofahrzeuge testen und sich mit der Technologie vertraut machen können, ist ebenfalls integriert. Angesprochen werden sollen Entwickler, Konstrukteure, Designer, Manager, HĂ€ndler, Fuhrpark-Verantwortliche, Private FahrzeugkĂ€ufer sowie Entscheider aus Politik und öffentlicher Hand. Ein Fachkongress zum Thema ElektromobilitĂ€t rundet die Veranstaltung ab. Parallel zur eCarTec findet zudem die Leitmesse fĂŒr Materialanwendungen, die MATERIALICA - 15. Internationale Fachmesse fĂŒr Werkstoffanwendungen, OberflĂ€chen und Product Engineering - statt. Durch den hohen prozentualen Anteil von Vertretern aus der Automobilbranche entsteht ein so gewollter Synergie-Effekt zwischen den drei Messen. Die MATERIALICA versteht sich zudem als Bindeglied fĂŒr Engineering und Zulieferung. Insgesamt prĂ€sentiert sich die eCarTec und die MATERIALICA auf 33.000 qm AusstellungsflĂ€che mit rund 700 internationalen Ausstellern.
Wenn es nach der Regierung geht, sollen bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen StraĂen rollen. Im Interview Ă€uĂern sich die Schirmherren Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister fĂŒr Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Martin Zeil, Bayerischer Staatsminister fĂŒr Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Dr. Angelika Niebler, Mitglied des EuropĂ€ischen Parlaments, zum Thema ElektromobilitĂ€t.
Was war Ihr erstes Auto?
Ramsauer: Ein gebrauchter weiĂer VW KĂ€fer 1202. Ich war als 19jĂ€hriger richtig stolz darauf. 15 Liter Spritverbrauch war damals normal. Das kann man sich kaum noch vorstellen.
Zeil: Mein erstes Auto war ein VW-KĂ€fer. Ein Super-Auto, das extrem lange gehalten hat.
Niebler: Ein Renault. Ich habe ihn von einem Bekannten gebraucht erworben - zusammen mit meiner Schwester.
Welcher Typ Autofahrer sind Sie - immer am Limit oder eher der Sonntagsfahrer?
Ramsauer: Keins von beiden. Wie den allermeisten Autofahrer in Deutschland geht es mir um eine verantwortungsvolle, defensive und zĂŒgige Fahrweise. Sicherheit muss dabei immer an erster Stelle stehen.
Niebler: Ich bin eher eine sportliche Fahrerin. Fahren - und einparken - habe ich ĂŒbrigens in der Innenstadt von MĂŒnchen gelernt.
Zeil: Bei meinem gefĂŒllten Terminkalender bin ich tĂ€glich auf meine Fahrer im Dienstwagen angewiesen. Diesen vertraue ich voll und ganz. In meiner Freizeit fahre ich sehr gerne Auto und auch ĂŒber lange Strecken. Dabei bin ich ein recht entspannter Fahrer.
Und welches Auto fahren Sie momentan?
Ramsauer: Ich bin eigentlich nur noch Beifahrer. Auch in der Familie fÀhrt meine Frau oder eine meiner Töchter.
Zeil: Die meiste Zeit bin ich mit meinem Dienstwagen unterwegs. Als Bayerische Staatsregierung achten wir darauf, dass wir bei Herstellern aus dem Freistaat einkaufen. Deshalb fahre ich abwechselnd Audi und BMW. 2009 haben wir als Staatsregierung 15 E-Minis zu Testzwecken fĂŒr eine Pilotphase erhalten. AuĂerdem habe ich erst vergangenen MĂ€rz fĂŒr die Fahrzeugflotte meines Ministeriums einen Audi A6 Hybrid entgegengenommen.
Niebler: Einen Audi A 8.
Denken Sie darĂŒber nach, sich demnĂ€chst ein Elektrofahrzeug zu kaufen?
Ramsauer: Wir haben in unserem Ministeriums-Fuhrpark bereits ein Elektrofahrzeug. Wenn privat die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs ansteht, kann auch ein Elektroantrieb, z.B. ein Hybridfahrzeug in Frage kommen.
Niebler: Nein. Ich fahre im Jahr im Schnitt ca. 30.000 km. FĂŒr meine meist langen Strecken eignet sich im Moment noch kein Elektrofahrzeug.
Wie schÀtzen Sie das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenzial der ElektromobilitÀt ein?
Ramsauer: Das lĂ€sst sich in der Tat nicht voneinander trennen. Das wirtschaftliche Potenzial ist in den kommenden Jahren und Jahrzehnten immens groĂ und wird mit jeder technischen Weiterentwicklung weiter wachsen. Die grundsĂ€tzliche gesellschaftliche Akzeptanz ist schon heute enorm und das Interesse in der Bevölkerung ist nach wie vor groĂ, vor allem weil Elektrofahrzeuge leise, effizient und ohne lokale Emissionen arbeiten.
Niebler: Ich glaube, dass es durchaus ein Potenzial fĂŒr Elektroautos geben kann, insbesondere fĂŒr den Stadtverkehr, d.h. kĂŒrzere Fahrten. Genauere Prognosen lassen sich erst anstellen, wenn mehr Erfahrungen in den schon etablierten Modellregionen fĂŒr E-Fahrzeuge gewonnen werden konnten.
Zeil: Die individuelle MobilitĂ€t mit dem eigenen, jederzeit verfĂŒgbaren Auto ist fĂŒr viele ein selbstverstĂ€ndlicher und wichtiger Bestandteil des Lebens. Weil die fossilen EnergietrĂ€ger endlich sind, mĂŒssen wir es schaffen, in naher Zukunft eine umweltvertrĂ€gliche, bezahlbare Alternative zu etablieren. Wir sollten dabei fĂŒr verschiedene Technologien aufgeschlossen sein. Auch wenn derzeit die ElektromobilitĂ€t in aller Munde ist und ich diese ebenfalls als eine wichtige SĂ€ule zukĂŒnftiger MobilitĂ€t sehe, wird diese allein kein Allheilmittel sein. Ich bin ĂŒberzeugt davon, dass wir in den nĂ€chsten Jahren viele innovative, fĂŒr die unterschiedlichen Nutzungsanforderungen optimierte Antriebsarten und -kombinationen erleben werden.
Was glauben Sie: wer braucht das Elektroauto wirklich? Die Politik, die Industrie oder der Verbraucher?
Niebler: Die Verbraucher werden entscheiden. Die Industrie muss jedoch innovative Technologien entwickeln und die Politik die Rahmenbedingungen schaffen; insbesondere mĂŒssten Stecker und LadegerĂ€te einheitlich genormt und der Aufbau der Infrastruktur unterstĂŒtzt werden.
Ramsauer: FĂŒr uns stehen die MobilitĂ€tsbedĂŒrfnisse der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger im Mittelpunkt. Aufgrund zunehmend steigender Preise fĂŒr Benzin- und Diesel sind die Verbraucher sehr an neuen Antrieben mit einer höheren Energieeffizienz interessiert. Die Industrie entwickelt nicht zuletzt aufgrund dieser Nachfrage die entsprechenden Lösungen. Die Aufgabe der Politik ist es, diesen Prozess durch entsprechende Förderung, vor allem von Forschungs- und Demonstrationsvorhaben, zu beschleunigen. Das ist ein ganz marktwirtschaftliches Prinzip.
Zeil: Eine soziale Marktwirtschaft funktioniert seit jeher so, dass die Industrie die Produkte und Dienstleistungen produziert, die der Markt, also letztlich der Verbraucher, nachfragt. Politik kann und darf hier nur die Rahmenbedingungen setzen. Dieses Prinzip Ă€ndert sich auch bei der ElektromobilitĂ€t nicht. Ich bin davon ĂŒberzeugt, dass die ElektromobilitĂ€t ein bedeutsamer Baustein der kĂŒnftigen MobilitĂ€t sein wird. Der Markt aber wird letzten Endes entscheiden, wie diese in der Zukunft genau aussehen wird.
Welche Chancen fĂŒr die Automobilindustrie und die Zulieferer bietet die ElektromobilitĂ€t?
Ramsauer: Ich bin mir sicher: ElektromobilitĂ€t birgt enorme wirtschaftliche Chancen fĂŒr alle, die zukunftsweisende Lösungen entwickeln. Deswegen verfolgen wir das Ziel, Deutschland zum Leitmarkt fĂŒr ElektromobilitĂ€t zu entwickeln.
Zeil: Die ElektromobilitĂ€t bietet nicht nur der Automobilbranche, sondern auch vielen anderen Industrie- und Wirtschaftszweigen ein attraktives neues GeschĂ€ftsfeld. NatĂŒrlich kommt einem da als Erstes die Produktion von E-Fahrzeugen in den Sinn, die unglaublich viele Innovationspotenziale birgt. Aber es geht weitaus tiefer. Viele Technologien, die fĂŒr die Produktion von Batterien und Elektromotoren essentiell sind und die in Deutschland bereits produziert werden, mĂŒssen auf die Anforderungen der Automobilproduktion adaptiert werden. Dies kann insbesondere fĂŒr die Zulieferindustrie aus unterschiedlichsten Branchen interessante Marktchancen eröffnen. Durch Innovationen wie den zunehmenden Einsatz von neuen Werkstoffen im Leichtbau können ebenfalls völlig neue Wertschöpfungspotenziale erzeugt werden. Ich bin davon ĂŒberzeugt, dass die bayerische und deutsche Automobil- und Zulieferindustrie hier auch weltweit starke innovative Impulse setzen kann und wird.
Niebler: Die Automobilbranche ist eine SchlĂŒsselindustrie in Deutschland. Sie darf keinen Zukunftstrend verschlafen. Welche Antriebstechnologien sich langfristig durchsetzen werden - Verbrennungsmotoren, Hybridsysteme, Brennstoffzellen oder E-Fahrzeuge - ist noch offen. Energieeffizienz, weniger CO2-Emissionen und steigende Rohstoffpreise sprechen jedoch fĂŒr Elektroautos.
Wird das Elektroauto die Gewohnheiten der Autofahrer verÀndern?
Ramsauer: Ich denke eher, dass in der Zukunft verschiedene Antriebe und Technologien fĂŒr verschiedene Anforderungen und Einsatzzwecke genutzt werden. Die Nutzung eines Elektroautos wird sicherlich in manchen Teilen anders ablaufen als beim Verbrennungsmotor. Das betrifft zum Beispiel das Laden mit Strom. Hier bringt die Möglichkeit, ein Elektrofahrzeug zu Hause "aufzutanken", einen Vorteil gegenĂŒber konventionellen Antrieben. Aber es gilt wie immer: Die Technologien, die möglichst unkompliziert zu nutzen sind, haben die besten Chancen sich durchzusetzen.
Niebler: Ich denke nicht. Es gibt viele Menschen, gerade Pendler zur Arbeit, die auf das Auto angewiesen sind. Im Ăbrigen glaube ich, dass sich MobilitĂ€tsgewohnheiten allenfalls ĂŒber die Höhe der Spritpreise verĂ€ndern werden.
Zeil: Ich glaube, die KausalitĂ€t geht in beide Richtungen. Das E-Auto wird die Gewohnheiten der Autofahrer verĂ€ndern, aber andererseits wird seine Bedeutung auch gerade deshalb immer gröĂer, weil sich die Gewohnheiten der Autofahrer bereits verĂ€ndert haben. Ich denke da an den gesamten Bereich des sogenannten intermodalen Verkehrs, der in der Zukunft massiv an Bedeutung gewinnen wird. Die Menschen nutzen heute bereits mehrere Verkehrsmittel parallel oder nacheinander. Hierbei spielt natĂŒrlich auch die begrenzte Reichweite der E-Autos eine Rolle. Daher ist es wichtig, solche mobilen Schnittstellen, beispielsweise den Umstieg vom öffentlichen Fernverkehr auf das E-Car am Ankunftsort so zu gestalten, dass sie unkompliziert nutzbar sind.
Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht ohne KaufprĂ€mien keine Chance fĂŒr den Aufbau eines Leitmarktes in Deutschland. Im Jahr 2009 wurde die AbwrackprĂ€mie aus öffentlichen Mitteln initiiert. Sollte es nicht auch eine einheitliche - am besten europĂ€ische - KaufprĂ€mie fĂŒr Elektroautos geben?
Niebler: Manche Mitgliedstaaten fördern Forschung und Entwicklung, andere Mitgliedstaaten, wie z.B. Frankreich, haben AbsatzprĂ€mien eingefĂŒhrt. Eine Harmonisierung auf europĂ€ischer Ebene wĂ€re ĂŒberlegenswert, um Wettbewerbsverzerrungen im europĂ€ischen Binnenmarkt zu vermeiden.
Ramsauer: Ich glaube nicht, dass man das jetzt abschlieĂend sagen kann. Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich eine KaufprĂ€mie jedenfalls noch nicht fĂŒr zielfĂŒhrend - und schon erst recht keine europĂ€ische.
Zeil: Wir haben in Deutschland ein klares Ziel: wir wollen Leitanbieter sein. Bayern hat dafĂŒr im Rahmen seiner 5-Punkte-Strategie ElektromobilitĂ€t bereits Einiges getan. Ich nenne nur den Ausbau der Forschungslandschaft sowie unsere drei bayerischen Modellinitiativen, die wir als Bayerische Staatsregierung im Rahmen unserer Zukunftsinitiative "Aufbruch Bayern" fördern. Mit solchen MaĂnahmen können wir unseren Teil dazu beitragen, der ElektromobilitĂ€t zum Durchbruch zu verhelfen. Bei der konkreten MarkteinfĂŒhrung ist aber vor allem die Wirtschaft gefragt, der Staat kann hier allenfalls unterstĂŒtzend wirken. Hierzu hat der Bund am 24. Mai 2012 beschlossen, Elektroautos kĂŒnftig zehn statt bisher fĂŒnf Jahre von der KFZ-Steuer zu befreien. ZusĂ€tzlich ist ab dem Jahr 2013 ein Nachteilsausgleich fĂŒr E-Fahrzeuge bei der Besteuerung von Dienstwagen vorgesehen. Diese MaĂnahmen halte ich fĂŒr weitaus sinnvoller als eine KaufprĂ€mie, die den langfristigen Erfolg durch eine Verzerrung von Marktprozessen eher gefĂ€hrden anstatt unterstĂŒtzen wĂŒrde.
Welche weiteren Arten der Förderung braucht Ihrer Meinung nach der Umstieg auf ElektromobilitÀt?
Ramsauer: Ich denke, dass wir im Moment mit der Forschungsförderung sowie mit der Förderung der konkreten Anwendung in den Schaufensterregionen genau richtig liegen. Uns muss es jetzt vor allem um die Demonstration alltagstauglicher Elektrofahrzeuge gehen. Was in den kommenden Jahren nötig sein wird, lÀsst sich noch nicht sagen. Das hÀngt auch davon ab, welche Technologien die besten Chancen haben, sich durchzusetzen. Deswegen fördern wir auch nach wie vor die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.
Zeil: Bayern hat bereits 2008 die Zukunftsoffensive ElektromobilitĂ€t gestartet und eine 5-Punkte-Strategie zur Förderung der ElektromobilitĂ€t verabschiedet. Dabei hat der Ausbau der Forschungslandschaft höchste PrioritĂ€t. Die Bayerische Staatsregierung hat die bayerischen Modellregionen Bad Neustadt an der Saale, Garmisch-Partenkirchen und E-Wald im LĂ€ndlichen Raum ausgewĂ€hlt, die durch den Freistaat gefördert werden. Zudem wird die ElektromobilitĂ€t im Rahmen der Clusterstrategie verstĂ€rkt. Das bayerisch-sĂ€chsische Leuchtturm-Projekt "ElektromobilitĂ€t verbindet" wird als eines von vier bundesweiten Schaufenstervorhaben die Rahmenbedingungen fĂŒr die MarkteinfĂŒhrung von Elektroautos verbessern. Das ist die Art der Förderung, die der Umstieg auf ElektromobilitĂ€t meiner Meinung nach braucht.
Niebler: Wir brauchen innovative stĂ€dtische Infrastruktur- und MobilitĂ€tskonzepte. Zum Beispiel könnten in InnenstĂ€dten die attraktivsten ParkplĂ€tze gleichzeitig als Ladestationen fĂŒr Elektroautos genutzt werden.
Den höchsten Marktanteil erreichen Elektroautos derzeit in New York und Shanghai. Droht Europa den Anschluss zu verlieren?
Ramsauer: Ăberhaupt nicht. Vor einigen Jahren lagen Europa und Deutschland sicherlich noch hinten in der Entwicklung von Elektromobilen. Das hat sich bei uns durch die gemeinsame Anstrengung von Bundesregierung, Forschung und Industrie deutlich verĂ€ndert. Wir stehen jetzt viel besser dar, als noch vor wenigen Jahren und sind auf dem besten Weg, Leitanbieter fĂŒr diese Technologie zu werden.
Niebler: Das gilt es zu verhindern. In vielen Mitgliedstaaten wurden bereits E-Mobility-Initiativen angestoĂen. Wichtig sind europĂ€ische Koordinierungen, z.B. Bei der Frage des einheitlichen Steckers, der zunĂ€chst in der EU definiert und dann international durchgesetzt werden sollte.
Wann wird sich die ElektromobilitÀt in Europas StÀdte durchsetzen?
Ramsauer: Das wird sicher nicht ĂŒberall gleich schnell passieren. Aber ich denke, dass wir schon in den kommenden fĂŒnf Jahren ein deutliches Wachstum in diesem Sektor feststellen werden. Und das natĂŒrlich in den StĂ€dten, die ideal sind fĂŒr diese Form der MobilitĂ€t. Ich bin sicher: Im urbanen Bereich wird der Elektroantrieb sehr bald zum Normalfall werden.
Niebler: Das ist schwer voraussagbar. Aber es laufen derzeit ja Pilotprojekte, zum Beispiel in Berlin und Garmisch-Partenkirchen.
Zeil: Bayern ist ja ein FlĂ€chenland, deshalb konzentrieren wir uns insbesondere auch auf die Möglichkeiten der ElektromobilitĂ€t im lĂ€ndlichen Raum. Daher haben wir auch die drei Modellregionen Bad Neustadt an der Saale, Garmisch-Partenkirchen und E-Wald ausgewĂ€hlt, um die besonderen Anforderungen des lĂ€ndlichen Raums an die ElektromobilitĂ€t zu untersuchen. ElektromobilitĂ€t ist nicht nur fĂŒr StĂ€dte, sondern auch fĂŒr schwierig zu erschlieĂende Regionen, Verkehrsbereiche und Nutzergruppen wie etwa in lĂ€ndlichen Regionen attraktiv. Interessant ist das E-Auto auch bei Pendel- und LangstreckenmobilitĂ€t, wenn auch hier ein anderes Nutzerverhalten vorherrscht.
Was wird sich Ihrer Meinung nach durchsetzen: Batteriesysteme oder E-ZapfsÀule? Und warum?
Ramsauer: Aus gutem Grund verfolgen wir einen technologieoffenen Ansatz: Was sich am Ende durchsetzen wird kann man noch nicht sagen. Das hÀngt von den weiteren technischen Entwicklungen ab.
Zeil: Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass Batteriewechselsysteme auf absehbare Zeit in der Praxis funktionieren und sich durchsetzen werden. Hierzu sind einfach noch zu viele Fragen offen. Allein wenn man sich die Tatsache vor Augen hĂ€lt, dass fĂŒr ein Batteriewechselsystem eine Mindeststandardisierung aller E-Fahrzeuge notwendig wĂ€re, kann man die massiven HĂŒrden fĂŒr eine Durchsetzung in der Praxis erahnen. NatĂŒrlich wird am Ende auch hier der Markt entscheiden.
Niebler: Der Nachteil von den E-ZapfsĂ€ulen sind nach meinem Kenntnisstand die langen Ladezeiten. Dies erfordert bei lĂ€ngeren Strecken eine sorgfĂ€ltige Weg- und Zeitplanung. Batteriesysteme zum Wechseln werden in DĂ€nemark und Israel in groĂen Projekten gerade erprobt. Die Akkus gehören in diesen LĂ€ndern nicht den Autofahrern, sondern der Firma, die die Akkuwechselstation auf der Basis eines Pfandsystems betreibt. Ich vermute, dass die Batteriesysteme besser unseren MobilitĂ€tsgewohnheiten entsprechen und daher einen Vorteil bei der Marktdurchdringung haben.
Bislang hemmt das lĂŒckenhafte Versorgungsnetz an Stromtankstellen die Verbreitung von Elektroautos. Wann und wie ist da Besserung in Sicht?
Ramsauer: Eigentlich stĂ€ndig. Denn es entstehen jeden Monat neue Ladepunkte, die das Netz weiter ausbauen. So etwas ist auch eine Frage des Marktes. Aber die Bedingungen fĂŒr ElektromobilitĂ€t werden immer besser. Zudem werden wir die infrastrukturellen Anforderungen insbesondere im Rahmen der Schaufenster ElektromobilitĂ€t ausloten.
Niebler: Nach der derzeitigen Pilotphase mĂŒsste der Aufbau der Infrastruktur - finanziell - unterstĂŒtzt werden.
Zeil: Das Versorgungsnetz an Stromtankstellen ist derzeit kein bedeutendes Hemmnis fĂŒr die Verbreitung von Elektroautos. Die Stromwirtschaft hat ja grundsĂ€tzlich ein groĂes Interesse an der E-MobilitĂ€t als neuen Absatzmarkt. Daher ist zeitnah mit Investitionen in eine Ladeinfrastruktur zu rechnen, sobald sich eine entsprechendeNachfrage abzeichnet. Viele Stromversorgungsunternehmen engagieren sich auch bereits seit lĂ€ngerem in Pilot- und Modellvorhaben, um etwa die Alltagstauglichkeit der Ladevorrichtungen zu erproben. Im Vergleich zu herkömmlichen Tankstellen - egal ob konventionelle Kraftstoffe oder Gase - ist der Aufwand, eine elektrische Ladevorrichtung zu errichten, vergleichsweise gering, so dass bei Bedarf schnell reagiert werden kann.
Was ist ihre Prognose: Wann werden mehr Elektroautos als Benziner auf den StraĂen zu sehen sein?
Ramsauer: Das ist sehr schwer zu sagen. Aber je nach technologischer Entwicklung wird das sicher noch mehr als 20 Jahre dauern.
Niebler: Das wird noch eine Weile dauern.
Vielen Dank fĂŒr das GesprĂ€ch.
www.ecartec.de
Ăber die Messe eCarTec
Die Leitmesse fĂŒr ElektromobilitĂ€t, die eCarTec findet vom 23. - 25. Oktober 2012 auf dem GelĂ€nde der Neuen Messe MĂŒnchen statt und zeigt Elektrofahrzeuge, Speichertechnologien, Antriebs- und Motorentechnik und beschĂ€ftigt sich zusĂ€tzlich mit den Themen Energie, Infrastruktur und Finanzierung. Ein TestgelĂ€nde, auf dem Endverbraucher die neusten Elektrofahrzeuge testen und sich mit der Technologie vertraut machen können, ist ebenfalls integriert. Angesprochen werden sollen Entwickler, Konstrukteure, Designer, Manager, HĂ€ndler, Fuhrpark-Verantwortliche, Private FahrzeugkĂ€ufer sowie Entscheider aus Politik und öffentlicher Hand. Ein Fachkongress zum Thema ElektromobilitĂ€t rundet die Veranstaltung ab. Parallel zur eCarTec findet zudem die Leitmesse fĂŒr Materialanwendungen, die MATERIALICA - 15. Internationale Fachmesse fĂŒr Werkstoffanwendungen, OberflĂ€chen und Product Engineering - statt. Durch den hohen prozentualen Anteil von Vertretern aus der Automobilbranche entsteht ein so gewollter Synergie-Effekt zwischen den Messen. Die MATERIALICA versteht sich zudem als Bindeglied fĂŒr Engineering und Zulieferung.