(ots) - Was verbindet den früheren Boxweltmeister Jack
Sharkey mit dem ersten und einzigen deutschen Tour-de-France-Sieger
Jan Ullrich? Nun, beide stehen dafür, dass objektive Tatbestände mit
der subjektiven Wahrnehmung der Betroffenen nicht immer
übereinstimmen.
Von Sharkey, der am 12. Juni 1932 im Kampf um den vakanten
Schwergewichts-Titel gegen Max Schmeling wegen eines regelwidrigen
Tiefschlags disqualifiziert worden war, ist überliefert, dass er noch
kurz vor seinem Tod im Alter von 91 Jahren versichert haben soll: "Es
war kein Tiefschlag."
Ullrich verweigert bis heute - allen erdrückenden Indizien zum
Trotz - ein Doping-Geständnis und zieht sich unbeirrt auf die
Formulierung zurück, er habe keinen Konkurrenten betrogen. Was
durchaus logisch klingt - unter der Voraussetzung, dass alle
Top-Radfahrer dopen und damit Chancengleichheit (unter Betrügern,
versteht sich) bestünde.
Ausgerechnet unmittelbar vor Bekanntwerden einer weiteren
juristischen Niederlage im Dauerkampf um seine vermeintlich saubere
Weste hat Jan Ullrich jetzt öffentlich gemacht, dass er unter dem
Burn-Out-Syndrom leide - einer Krankheit, als deren Hauptursache
dauerhafte psychische Überlastung gilt. Wie jeder Kranke hat auch der
gefallene Rad-Heros, der nicht grundlos die Verlogenheit unserer
Gesellschaft gegenüber ihren Idolen beklagt hat, unser Mitgefühl
verdient.
Es steht einem nicht an, aus der Distanz Ratschläge zu geben. Aber
Ullrich selbst wird sich die Frage stellen müssen, ob er tatsächlich
- wie augenscheinlich Jack Sharkey - mit sich im Reinen ist.
Andernfalls wäre die Zeit reif für einen Befreiungsschlag, der ihn
von seinen offensichtlich seelischen Qualen erlösen könnte.
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