(firmenpresse) - Berlin, 25.10.2006. Dass Bundespräsident Köhler auf die im Grundgesetz verankerte
hoheitliche Aufgabe des Bundes hinsichtlich der Flugsicherung [Artikel
87 d GG, (1)] erst durch sein Veto hinweisen musste, zeigt beispielhaft die
politische Unkultur der Regierenden und der vermeintlichen Volksvertreter/innen.
"Zur Not" ändere man das Grundgesetz, soll der verkehrspolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, Uwe Beckmeyer, gegenüber der WirtschaftsWoche
schon vorab geäussert haben. Wenn dieses Beispiel Schule machen sollte, stehen
diesem Land finstere Zeiten bevor: Immer dann, wenn das Grundgesetz im Wege
stände, würde es "passend" gemacht werden. Es bezweifelt sicherlich niemand,
dass im Wandel der Zeiten unsere Rechtsordnung modifiziert werden muss -
aber doch niemals aus einer modischen Laune heraus, zumal wenn die
irreversiblen Folgen eines solchen Schrittes nicht sorgsam durchdacht sind!
Welchen Sinn soll die Privatisierung der Flugsicherung denn haben? Kann man
sich allen Ernstes vorstellen, dass in Europa ein Markt für Luftraumüberwachung
entsteht und die Piloten sich vor dem Start jeweils das günstigste Angebot aussuchen?
Abgesehen von der Gebührenproblematik für Fluggesellschaften und
Flugreisende stellt sich doch vor allem die Frage der Sicherheit! Das Drama
von Überlingen Anfang Juli 2002 war doch wohl ein deutliches Warnsignal. Warum
dann nicht gleich den deutschen Luftraum südlich der Donau von einer Ein-
Euro-Kraft am heimischen PC überwachen lassen?
Dem erhofften Erlös durch den Verkauf von 74,9 Prozent der Deutschen Flugsicherungs
GmbH (DFS) in Höhe von mutmasslich einer Milliarde Euro stehen heute
fast 1,5317 Billionen Euro auf der Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler
entgegen: 1 zu 1.531,7 = 0,065 Prozent - die Privatisierung brächte dem
Bund also knapp 0,7 Promille seiner Schulden ein. Tja, wenn die DFS in
1.532-facher Ausfertigung zu verkaufen wäre, dann... Die Pensionsrückstellungen
für die DFS-Mitarbeiter sollen zwischen 700 Millionen und 1,2 Milliarden Euro
betragen; über die Höhe der Schadensersatzansprüche der 2002 durch die Flugzeugkollision
bei Überlingen Geschädigten wurde bisher noch nicht entschieden.
Vielleicht sollte besser gleich der Bundestag selbst privatisiert werden! Dies
würde mehr Transparenz und viel Ersparnis schaffen: Verschämter Lobbyismus
könnte durch offenes Sponsoring mit Banden- und Ganzkörperwerbung wie im
Sport ersetzt, die teuren Wahlen unterlassen werden.
Der Staat darf sich nicht aus seinen elementaren hoheitlichen Aufgaben
verabschieden, sonst gäbe er sich irgendwann selbst auf. Noch ist es nicht zu
spät, die Damen und Herrn im Bundestag daran zu erinnern, dass sie immer
noch von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt werden, um Bewährtes zu
pflegen und durch Setzung vernünftiger Rahmenbedingungen neue Wertschöpfung
zu ermöglichen, anstatt "Tafelsilber zu verramschen".
Dipl.-Ing. Dirk Pinnow
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