(ots) - Jede Königswahl war demokratischer
Die Bundesversammlung trifft heute eine gute Wahl. Sie kann nicht
anders, denn sowohl Joachim Gauck als auch Christian Wulff bringen
beste Voraussetzungen mit für das ranghöchste Amt der Republik. Woher
dann also diese Polarisierung, die breite Pro-Gauck-Strömung in der
Gesellschaft? Zweifellos strahlt der Lebenslauf Gaucks, des
unbeugsamen Kämpfers für Freiheit und historische Wahrheit, heller.
Aber das ist es nicht. Schließlich spricht kein einziger ernst zu
nehmender Grund gegen Wulff.
Die Pro-Gauck-Stimmung ist so berechtigt wie verständlich, weil
sie ein tiefes Unbehagen am Demokratie-Defizit ausdrückt, das Wulffs
Nominierung anhaftet. Fast jede deutsche Königswahl war
demokratischer als diese Merkel-Seehofer-Westerwelle-Einigung auf
einen CDU-Granden. Das spüren die Bürger und sind verstimmt. Zu
offensichtlich lässt sich aus diesem Koalitionsgekungel das Streben
der Kanzlerin herauslesen, die für die CDU-Spitze wie fürs Kanzleramt
klar bessere Alternative Wulff elegant aus dem Weg zu räumen.
Deshalb geht auch der Vorwurf an Altpräsident Richard von
Weizsäcker fehl, er habe mit seiner Kritik an Wulffs Nominierung spät
und populistisch draufgesattelt. Er hat vielmehr genau das zum
Ausdruck gebracht, was er in seiner Amtszeit oft und zu Recht beklagt
hatte: Der Staat ist unter die Parteien gefallen. Eine Folge: Wird
Wulff Präsident, klebt das parteipolitische Kalkül wie ein Makel an
ihm. Schade, denn das erschwert einem erstklassigen Kandidaten
unnötig den Start ins neue Amt.
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