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WESTERWELLE-Interview für die Zeitungen der "WAZ-Gruppe

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WESTERWELLE-Interview für die Zeitungen der "WAZ-Gruppe"

(pressrelations) -
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab den Zeitungen der "WAZ-Gruppe" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte DIRK HAUTKAPP:

Frage: Herr Westerwelle, Ihr Vorsitzender in NRW, Andreas Pinkwart, hat am Wochenende gesagt, es könne nicht angehen, den Griechen Milliarden zu geben und dem deutschen Mittelstand Entlastung zu verweigern. Steckt dahinter die Angst, dass Sie Ihre Steuersenkungswünsche nun vollends begraben müssen?

WESTERWELLE: Ganz und gar nicht. Ich teile die Auffassung, dass es nicht sein kann, dass für Banken, Automobilkonzerne und die europäische Solidarität Geld da ist, nicht aber für die Entlastung der Mittelschicht in Deutschland.

Frage: Aber Deutschland wird nicht um Milliardenzahlungen nach Athen herumkommen.

WESTERWELLE: Es geht gegebenenfalls darum, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die KfW, sich an der europäischen Kreditgewährung beteiligt, um den Spekulanten den Boden zu entziehen. Der Bund würde dafür eine Bürgschaft übernehmen, wenn nur so Gefahr von unserer Währung abgewendet werden kann.

Frage: Mitten in der Griechenland-Krise hat Deutschland keinen uneingeschränkt einsatzfähigen Finanzminister mehr. Wolfgang Schäuble ringt mit der eigenen Gesundheit. Sehen Sie Handlungsbedarf?

WESTERWELLE: Das ist völlig absurd. Wolfgang Schäuble ist die ganze Zeit in vollem Umfang einsatzfähig.

Frage: Sie wollen am 9. Mai in Düsseldorf zehn Prozent plus X erreichen. Vor fünf Jahren waren es 6,2 Prozent. In einigen Umfragen rangiert die FDP um die 5 Prozent. Was, wenn Ihre Partei nicht in den Landtag kommt? Ist das für sie vorstellbar?

WESTERWELLE: Sind Sie heute unter einem Gemälde der apokalyptischen Reiter aufgewacht? Die FDP ist in den Umfragen im Durchschnitt bei 8 Prozent. Und da wir zum ersten Mal ein Zweitstimmen-Wahlrecht haben, ist das Ziel, ein zweistelliges Ergebnis zu erzielen, für uns absolut realistisch. Und das müssen wir auch schaffen, damit wir mit der Union eine Mehrheit gegen SPD, Grüne und Linkspartei behalten.





Frage: Fühlen Sie sich und Ihre Partei bei Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in fairen, partnerschaftlichen Händen?

WESTERWELLE: Ja, aber wir sind nicht immer einer Meinung. Privat kommt vor dem Staat. Weil der Staat dem Bürger dient. Und nicht umgekehrt.

Frage: Können Sie sich in NRW eine "rote Ampel" - ein Bündnis mit SPD und Grünen - vorstellen, wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht?

WESTERWELLE: Die Grünen haben klar erklärt, dass sie zwar mit den Kommunisten regieren könnten, aber nicht mit den Liberalen. Damit ist das Thema schon erledigt.

Frage: Was wären die Folgen für den Bund, wenn in NRW Schwarz-Grün kommt?

WESTERWELLE: Ich glaube die Chancen für eine bürgerliche Mehrheit aus Union und FDP sind in den letzten Tagen auch deshalb gewachsen, weil die Alternative sichtbar wird: eine Regierung mit SPD, Grünen und Linkspartei. Wer von Schwarz-Grün träumt, kann sehr schnell bei Rot-Rot-Grün aufwachen. Und wer nach Hamburg sieht, weiß, was Schwarz-Grün praktisch bedeutet. Gegen die Pläne für eine Einheitsschule gibt es dort eine wahre Volksbewegung. Da ist die bildungs- und forschungsfreundliche Politik von Andreas Pinkwart in NRW ein klares Kontrastprogramm.

Frage: Sie werden nicht müde, vor der rot-rot-grünen Apokalypse zu warnen. Was entgegen sie denen, die sagen, das ist der Versuch, die Wähler durch Täuschung an die Urnen zu mobilisieren? Begründung: Zu diesem Dreierbündnis werde es eh nie kommen.

WESTERWELLE: Mit Verlaub: Die Linken regieren doch schon in der Hauptstadt der Deutschen und in Brandenburg mit der SPD. In Berlin sollen mittlerweile Plätze fürs Gymnasium verlost werden. Es ist doch kein Zufall, dass weder die SPD noch die Grünen klar Nein sagen zur Linkspartei. Wenn sie es wirklich nicht wollten, hätten sie es auf einem Parteitag ausgeschlossen, das tun sie nicht.

Frage: Ihr Generalsekretär, Christian Lindner, hat mehrfach den Begriff "Rot-Blutrot-Grün" gewählt. Ist die Linkspartei mit dem Begriff "blutrot" gut getroffen?

WESTERWELLE: Wir warnen gemeinsam vor der Gefahr einer Regierung aus SPD, Grünen und Linkspartei.

Frage: Warum hat sich die FDP nach der ersten Sturm-und-Drang-Phase nicht der Merkel-Politik der kleinen Schritte angeschlossen? Warum überfrachten Sie die Koalition mit dem Anspruch, den großen Wurf hinlegen zu wollen ? die "geistig-politische Wende"?

WESTERWELLE: Wir wollen nicht nur einen Regierungs- sondern einen Politikwechsel. Die Mittelschicht darf nicht weiter schrumpfen. Wir müssen die Bildung wieder zur Priorität machen. Und der Sozialstaat muss treffsicherer werden. Außerdem lässt sich die FDP lieber vorwerfen, sie sei zu ehrgeizig, bevor wir uns vorwerfen lassen müssen, wir hätten es nicht versucht. Gut, dass der Einfluss der FDP Wirkung zeigt.

Frage: Wo?

WESTERWELLE: Nur ein Beispiel: SPD und Grünen hatten einst entschieden, dass Kinder aus Hartz-IV-Familien ihren Lohn aus Ferienjobs mit den Eltern verrechnen lassen müssen. Da zerstört man doch bei jungen Menschen jeden Leistungswillen. Wir haben dafür gesorgt, dass das ab diesem Sommer anders ist und die Kinder bis zu 1200 Euro behalten dürfen. Liberaler ist eben leistungsgerechter und sozialer.

Frage: Sie haben im Winter eine Debatte über den deutschen Sozialstaat losgetreten. Seither gingen ihre Umfragewerte rapide in den Keller. Haben Sie sich Fehler vorzuwerfen?

WESTERWELLE: Es hat sich gezeigt, dass diese Debatte notwendig war. Und wir haben ja in der Bundesregierung auch die Konsequenzen gezogen. In Zukunft wird jedem Arbeitslosen unter 25 Jahren innerhalb von 6 Wochen Arbeit, Ausbildung oder eine andere sinnvolle Beschäftigung angeboten. Wer jung und gesund ist und keine eigenen Angehörigen zu versorgen hat, dem ist es zumutbar, dass er für das, was er vom Staat erhält, auch eine Gegenleistung erbringt, indem er ein solches Angebot auch annimmt.

Frage: Nochmal: Sie haben keine Fehler gemacht?

WESTERWELLE: Das Wesentliche haben wir richtig gemacht. Und solange die Ergebnisse für die Bürger stimmen, bin ich zufrieden. Man sieht jetzt, dass wir begonnen haben, das Staatsschiff zu wenden.

Frage: Sie stellen sich in jeder Rede als Sachwalter derer dar, "die den Karren ziehen, die morgens aufstehen und wenigstens keine Knüppel zwischen die Beine geworfen bekommen möchten". Wer sind nach Ihrer Definition die Leistungsträger in unserem Land?

WESTERWELLE: Zum Beispiel die alleinerziehende Mutter, die an der Supermarktkasse arbeitet. Die möchte nicht genau so dastehen, wie wenn sie nicht arbeiten würde. Oder der Familienbetrieb, den Tochter oder Sohn übernehmen wollen und dabei erhebliche Risiken eingehen. Denen muss man eine Chance geben, anstatt sie durch die Erbschaftssteuer zu enteignen. Deshalb haben wir das geändert. Oder der Geselle mit zwei Kindern, der im Handwerksbetrieb arbeitet und Überstunden kloppt. Der will nicht, dass sein Mehrverdienst überwiegend vom Staat wieder aufgefressen wird. An diese Menschen denke ich. Die ziehen den Karren. Wenn die anderen Parteien an diese Menschen nicht mehr denken, ermutigt mich das nur, dieses Rückgrat der Gesellschaft zu stärken.

Frage: Woran bemisst sich auf nationaler Ebene die Leistung des Chefs der "Partei des Mittelstands" und auf internationaler Ebene die Leistung des Außenministers, der Deutschlands "Vorsprung bewahren und ausbauen will"?

WESTERWELLE: Jedenfalls nicht nur an den ersten sechs Monaten. Ich schaue auf die ganze Amtsperiode. Ich möchte daran gemessen werden, ob es uns Liberalen bis dahin gelungen ist, die Kerngedanken "Privat vor Staat" und "Freiheit und Verantwortung vor der totalen Gleichmacherei" in praktische Politik umzusetzen.

Frage: Welche Note würden Sie sich selbst und Ihrer Partei geben?

WESTERWELLE: Uns sind zu Beginn unserer Regierungsverantwortung Holpereien unterlaufen. Aber jetzt haben wir Tritt gefasst und die Ergebnisse für die Bürger stimmen.

Frage: Macht es Ihnen zu schaffen, dass die Bürger Ihnen persönlich ein verheerendes Zwischenzeugnis ausstellen? Wie erklären Sie sich derart niedrige Beliebtheitswerte?

WESTERWELLE: Wer was verändern will, kriegt auch Gegenwind. Das passiert mir nicht zum ersten Mal. Zu dem Auf und Ab von Meinungsumfragen habe ich eine ausreichend gesunde Distanz.

Frage: Haben Sie Hinweise darauf, dass Frau Merkel und Herr Rüttgers es billigend in Kauf nehmen, wenn die FDP in NRW auf der Strecke bleibt?

WESTERWELLE: Ich denke, dass Angela Merkel und ich derzeit durch NRW reisen, weil wir gemeinsam das Ziel haben, die christlich-liberale Koalition in NRW fortzusetzen. Sonst hätten wir es demnächst im größten Bundesland mit einer Landesregierung aus SPD, Grünen und Linkspartei zu tun. Das würde auch unsere Politik der Mitte erschweren. Ganz zu schweigen von dem, was dann auf die Bürger in NRW zukommen würde.

Frage: Gegenthese: So ein Dreierbündnis würde binnen weniger Monate auseinander fliegen. Lange, bevor NRW zum "sozialistischen Experimentierfeld" für Berlin werden könnte.

WESTERWELLE: Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass in NRW immer Konstellationen für den Bund geprobt wurden. Das war bei CDU/FDP so, wie auch bei SPD/FDP und bei Rot-Grün. Herr Gabriel will Kanzler werden. Und er weiß, er wird es nur, indem er auf SPD, Grüne und Linkspartei setzt. Und seit Oskar Lafontaine weg ist, ist auch der persönliche Hinderungsgrund weg, der für die SPD-Spitze bislang gegolten hat.


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Datum: 30.04.2010 - 16:17 Uhr
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