(firmenpresse) - Bonn/Rheinbach - Die grosskoalitionäre Fassade bekommt erste Rissen, schreibt der stellvertretende Chefredakteur der Welt http://www.welt.de Johann Michael Möller in seiner täglichen Kolumne. Ulla Schmidt versucht, die ziemlich harmlosen Unionspolitiker mit einer Offensive zum Thema Gesundheit zu überrumpeln. Das bei den Koalitionsverhandlungen ausgesparte Feld soll jetzt im Handstreich erobert werden. Aufmerksamkeit dürfte auch eine zweite Personalie erzielen: Sigmar Gabriel, vor kurzem noch als "Siggi Pop" und nun als Umweltminister unterwegs, will Müntes ehemaligen Wahlkampfmanager Matthias Machnig als beamteten Staatssekretär ins Haus holen. "Von Feuchtbiotopen hat der keine Ahnung, aber wohl davon, wie man den politischen Gegner ins Unterholz locken kann", so Möller treffend. Auch in einer grossen Koalition seien die Regeln der Machtpolitik nicht ausser Kraft gesetzt. Bei solchen Aussichten wird dem ein oder andern bürgerlichen Wähler kalter Angstschweiss auf die Stirn treten, denn seit Helmut Kohls Abtritt verstehen sich die Konservativen nicht mehr auf diese Technik.
"Tiefes Misstrauen auf beiden Seiten" titelt auch der Wirtschaftspublizist Andreas Oberholz, der die Zeitschrift Wirtschaftsbild http://www.wirtschaftbsbild.de als Chefredakteur verantwortet. Oberholz erinnert daran, dass einigen Sozialdemokraten ein Bündnis mit den Nachfolgern der SED lieber wäre als mit der CDU. Er findet es verständlich, wenn der Wähler nur noch begrenztes Verständnis für die Eskapaden der vergangenen Wochen aufbringt, die mit den Namen Müntefering und vor allem Stoiber verbunden sind. Doch der Wähler sei auch nicht ganz unschuldig, meint Oberholz mit Verweis auf Klaus-Peter Schöppner, Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid http://www.tns-emnid.com. Eine von Schöppners sarkastischen Wahlkampfempfehlungen lautet: "Vertraue der Kompetenz der Wähler und rede Ihnen nach dem Mund". Das haben Angela Merkel und Co. bekanntlich nicht getan. Warum vor dem 18. September Merkel und Merz als Radikalreformer auftraten, um nun als zahmer Bettvorleger vor dem grosskoalitionären Bett zu landen, verstehen immer weniger Wähler. Merkel fügt sich wegen der Macht in ihr Schicksal, Merz sucht wieder seinen liebsten Platz auf: den Schmollwinkel. Seit Münteferings beleidigtem Abgang wissen wir, dass sich dort zurzeit die sauerländischen Politiker gegenseitig auf den Füssen stehen.