PresseKat - Was Goliath von David lernen kann - Warum die Schweizer mehr Arbeitsplätze schaffen als die Deutsch

Was Goliath von David lernen kann - Warum die Schweizer mehr Arbeitsplätze schaffen als die Deutsche

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(firmenpresse) - Die unverändert hohe Arbeitslosigkeit ist eines der drängendsten Probleme in Deutschland. Bei vielen hat sich Resignation breit gemacht. "Die Politik habe alle nötigen Rahmenbedingungen geschaffen. Jetzt sei die Wirtschaft am Zuge": So oder so ähnlich lautet eine Standardfloskel hilfloser Politiker. Eine Mehrheit der Bevölkerung wartet auf Hilfe vom Staat, die Funktionsträger dieses Staates wiederum behaupten, sie seien machtlos und andere sehen in einem grösseren Wirtschaftswachstum den Schlüssel, um aus dem Tal der Tränen wieder herauszukommen. Wer zu viel Nabelschau betreibt, blockiert sich selbst. In einer solchen Situation kann ein Blick über den Tellerrand den Horizont erweitern. Dies haben die beiden Forscher Stefanie Wahl und Martin Schulte getan. Das Duo arbeitet am Bonner Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG) http://www.iwg-bonn.de. In ihrem neuen Buch "Arbeitslosigkeit abbauen - von Besseren lernen" zeigen sie, wie Goliath Deutschland von David Österreich und Schweiz lernen kann. Unsere Nachbarn haben nämlich eine Menge mehr zu bieten als Wiener Schmäh und Schweizer Käse. Zum Beispiel die besseren Rezepte für den Arbeitsmarkt. Die deutschen Köche verderben zurzeit bekanntlich den Brei. Und warum sollte man sich nicht einiges von den kleineren Nachbarn abschauen? Denn schliesslich sind Menschen "Kopisten", wie IWG-Leiter Meinhard Miegel in seinem Vorwort schreibt.

Auf den ersten Blick haben Deutsche, Österreicher und Schweizer viele Gemeinsamkeiten; eine gemeinsame Geschichte, Sprache und Kultur. Abgesehen von liebevoll gepflegten kleinen Animositäten fühlen sich die Menschen aus den genannten Ländern recht heimisch, wenn sie die Grenzen zu ihren Nachbarn überqueren. Sie begeistern sich für ähnliche Bücher und Musik, sie können ohne Probleme miteinander kommunizieren und verfügen über eine ausgeprägte, historisch gewachsene Wirtschaftsgesinnung. Ihre Produkte sind wegen ihrer Gediegenheit und Qualität weltweit geschätzt. Deutschland, Österreich und die Schweiz werden immer noch von vielen Menschen in Asien, Afrika oder anderen europäischen Staaten mit Neid und Bewunderung als Stätten von Stabilität und Wohlstand betrachtet. Doch auf den zweiten Blick gibt es grosse Unterschiede beim Umgang mit der Arbeitslosigkeit und bei den Arbeitslosenzahlen. Während im Jahr 2004 die Arbeitslosenquote in der Schweiz bei 4,4 und in Österreich bei 4,5 Prozent lag, war sie in Deutschland mit 9,5 Prozent mehr als doppelt so hoch. Und obwohl die Schweiz zwischen 1991 und 2004 im Vergleich mit Österreich und Deutschland mit real 0,6 Prozent jährlich das geringste Pro-Kopf-Wachstum erzielte, wies sie mit 77,4 Prozent sogar die höchste Erwerbstätigenquote in der gesamten OECD auf.





Das Problem ist nicht neu. Schon seit drei Jahrzehnten kämpft die Bundesrepublik mit diesem Phänomen. Wahl und Schulte halten es für einen Mythos, dass mehr Beschäftigung allein über kräftigeres Wirtschaftswachstum zu erreichen sei. Die deutsche Therapie war mangelhaft, da sie sich in Arbeitslosenverwaltung erschöpfte. Doch nicht nur der Staat hat versagt. Die deutsche Bevölkerung ist an der negativen Entwicklung nicht ganz unschuldig. Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft sind hier schwächer ausgebildet als bei den beiden Nachbarn. Anders formuliert: Die deutsche Jobmisere ist nicht nur strukturell bedingt, sondern hat mentale Ursachen. Freizeit ist für viele Bundesbürger der höchste Wert, dies gilt auch für die so genannte Elite. Für fast zwei Fünftel aller Studenten hat im späteren Job geregelte Freizeit hohe Priorität. Kaum einer von ihnen erwartet, dass die reale Arbeitszeit höher sein wird als vereinbart. Die meisten wünschen eine Arbeitszeit von unter 40 Wochenstunden. "Die deutsche Arbeitslosigkeit beginnt im Kopf. Wenn Freizeit an erster Stelle steht, die Lust an der Leistung schwindet, die Schüler, Studenten und Auszubildenden im internationalen Vergleich hinterherhinken, dann stimmt was nicht. Wenn wir uns nicht ändern und den Kopf frei machen für die neuen Herausforderungen, dann werden uns mittel- und langfristig nicht nur die Asiaten, sondern auch die Osteuropäer die Butter vom Brot nehmen", kommentiert Michael Müller, Geschäftsführer der Neusser a & o-Gruppe http://www.ao-services.de und Wirtschaftssenator im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) http://www.bvmwonline.de.

Die Empfehlungen der beiden Autoren laufen auf ein radikales Reformprogramm hinaus. In Deutschland begnügt man sich damit, durch punktuelle Reformen der sozialen Sicherungssysteme die Lohnzusatzkosten zumindest nicht weiter ansteigen zu lassen. In der Schweiz ist die soziale Sicherung schon jetzt vom Arbeitsverhältnis abgekoppelt. Doch in Deutschland - so zeigt eine Umfrage - ist nur jeder dritte Bundesbürger bereit, für eine Senkung der Lohnkosten stärker privat vorzusorgen. Viele Bundesbürger können sich hingegen für eine so genannte Bürgerversicherung erwärmen, die aufgrund des Festhaltens an der lohnabhängigen Finanzierung unweigerlich zu weiterem Jobverlust führen würde. Ein anderes Beispiel ist der Kündigungsschutz. Hierzulande werden jährlich über 250.000 Kündigungsschutzprozesse vor den Arbeitsgerichten geführt. Bei den Eidgenossen muss ein Unternehmer eine Entlassung im Allgemeinen nicht näher begründen. Daher sind kostspielige Arbeitsgerichtsprozesse die Ausnahme. Kündigungen sind nur während des Militärdienstes, einer Schwangerschaft oder einer gewerkschaftlichen Tätigkeit untersagt. In Deutschlang argumentieren die Sozialstaatsbewahrer häufig damit, dass ein breit angelegter Kündigungsschutz die Arbeitnehmer vor unternehmerischer Willkür schütze. Das genaue Gegenteil scheint der Fall zu sein: Finden deutsche Arbeitnehmer einen Job, so ist er immer öfter nur noch ein Zeitarbeitsverhältnis. Und während in der Schweiz die Chancen sehr gut stehen, von einem solchen befristeten Arbeitsverhältnis in eine reguläre Tätigkeit überwechseln zu können, dienen die Zeitarbeitsverträge in Deutschland eben nicht als Sprungbrett. Wegen des Kündigungsschutzes überlegen es sich die hiesigen Arbeitgeber, ob sie die Risiken einer langfristigen Beschäftigung auf sich nehmen wollen und entscheiden sich in zunehmendem Masse dagegen. Und wieder trifft man auf ein deutsches Mentalitätsproblem: Selbst wenn ein gelockerter Kündigungsschutz nachweislich mehr Jobs bringen würde, sind 70 Prozent der Bundesbürger gegen eine solche Liberalisierung.

Deutschland ist das Reich der Akten. Insbesondere kleine und mittlere Betriebe wissen ein Lied davon zu singen, wenn beispielsweise Unternehmen mit weniger als zehn Angestellten pro Mitarbeiter durchschnittlich 64 Stunden und 4.400 Euro allein für das Ausfüllen der Formulare und die Erfüllung der administrativen Aufgaben aufbringen müssen. Die Sehnsucht der Bürger nach Merz’schen Bierdeckeln bleibt unerfüllt. Im Effizienzvergleich mit 104 Ländern kommt das deutsche Steuerrecht in den zweifelhaften Genuss der roten Laterne: letzter Platz. Dass die Bürokratie Jahr für Jahr mit 46 Milliarden Euro zu Buche schlägt, sei nur am Rande vermerkt. Der Moloch Bürokratie knebelt auch den deutschen Gründergeist. Jungen oder älteren Arbeitnehmern, die sich auf den verschiedensten Gründen selbständig machen wollen, werden oft Knüppel zwischen die Beine geworfen. Ordnungsamt und Gewerbeaufsicht toben sich aus, wenn zumeist aus Unwissenheit bestimmte Regularien nicht eingehalten worden, und sei es auch nur, dass die Bürodecke zwei Zentimeter zu niedrig oder das Werbeschild draussen am Geschäft ein paar Zentimeter zu gross ausgefallen ist. In den kommunalen Ämtern für Wirtschaftsförderung arbeiten in der Regel Menschen, die zuvor noch nie in der freien Wirtschaft ihr Brot verdient haben. In Deutschland und Österreich mangelt es aber ohnehin am Unternehmergeist. In Deutschland trauen sich nur 38 Prozent der Menschen diesen Schritt zu; in der Schweiz sind es immerhin 50 Prozent. Ausserdem spiegelt sich der geringer ausgeprägte Unternehmergeist auch in einer kritischen Einstellung zu Unternehmensgewinnen wider. Über die Hälfte der Deutschen ist der Meinung, die Unternehmen verdienten zu viel. Dieses Bauchgefühl deckt sich nicht mit den objektiven Zahlen. Im Vergleich mit fast allen anderen westlichen Industrienationen verdienen Unternehmen in Deutschland eher weniger. Zwischen 1998 und 2002 erwirtschafteten in Deutschland ansässige Unternehmen im Jahresdurchschnitt einen Nettogewinn von lediglich 2,16 Prozent des Umsatzes.

Eine Bevölkerungsgruppe in Deutschland bleibt von Arbeitsplatzunsicherheit und der Sorge vor ausreichenden Altersbezügen weitestgehend verschont: die Beamten. Ein Vergleich zwischen den Lehrern in Deutschland, Österreich und der Schweiz macht deutlich, dass der Beamtenstatus nicht zu mehr Effizienz führt, sondern den Steuerzahler viel Geld kostet und der Bildung der Schüler eher schadet als nutzt. In der Schweiz wurde der Beamtenstatus für Lehrer vor kurzem aufgehoben. Auch in Österreich werden die Pädagogen nicht mehr verbeamtet. Über eine völlige Aufhebung dieses Anachronismus wird in der Alpenrepublik derzeit diskutiert. "Angesichts der hohen Arbeitsplatzsicherheit ist fraglich, inwieweit verbeamtete Lehrer in Deutschland Fähigkeiten und Kompetenzen vermitteln können, die die Schüler auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes ausreichend vorbereiten. An der Spitze steht dabei die Fähigkeit, mit Unsicherheiten umzugehen und eigenständig Probleme zu lösen", schreiben die beiden Wissenschaftler des IWG zurecht. "Wer selber Wein trinkt, kann nicht glaubwürdig Wasser predigen. Die mit Arroganz gepaarte Ignoranz einiger Lehrer ist schon erschreckend, wenn es um die Bedürfnisse und Belange der Wirtschaft geht. Manche beamteten Pädagogen weigern sich ja sogar, an Weiterbildungsmassnahmen teilzunehmen. Und anders als in der Schweiz hat ein deutscher Schulleiter kaum Möglichkeiten, Leistungsverweigerung zu bestrafen", kommentiert BVMW-Wirtschaftssenator Müller.

Zur Vervollständigung der Mängelliste gehört die ineffiziente staatliche Arbeitsmarktpolitik. Im Jahr 2003 führte bundesweit nur jeder zwanzigste Vermittlungsvorschlag der Arbeitsagenturen zur Besetzung einer gemeldeten Stelle. Die Politik beschränkte sich auf kosmetische Korrekturen. Die alte Bundesanstalt für Arbeit heisst jetzt Bundesagentur. Doch die Mechanismen sind die selben geblieben. Staatliche Arbeitsvermittlung in Deutschland ist im internationalen Vergleich zu teuer, zu ineffizient und erschöpft sich allzu oft in der Verwaltung der eigenen Behörde.

Nicht alles, was in den Nachbarländern gemacht wird und zu mehr Erfolgen führt, kann auf Deutschland übertragen werden. Wahl und Schulte sprechen davon, die Deutschen müssten in ihrer Mehrheit dynamischer, selbständiger und leistungsbereiter werden. Die unsteten Erwerbsverläufe, mit denen sich die Menschen abfinden müssen, erfordern eine unternehmerische Denkweise und keine ausgeprägte Arbeitnehmermentalität. In ihrem Freizeitverhalten und bei der Schwarzarbeit legen viele Deutsche diese Haltung ja schon an den Tag; bei der täglichen Erwerbsarbeit sollen jedoch häufig andere Gesetzmässigkeiten gelten. Mündiger Bürger statt blosser Leistungsempfänger: "Gefragt ist der verantwortungsbewusste, kompetente Bürger nach Schweizer Vorbild, der bereit ist, sich gegebenenfalls gegen seine Gegenwartsinteressen und für die Interessen der Zukunft zu entscheiden." Die weiteren Reformvorschläge sind nicht unbedingt neu, aber nötig. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Qualität der Bildung und Ausbildung muss durch Studiengebühren und durch eine praxisnähere Unterrichtsgestaltung verbessert werden. Der Beamtenstatus der Lehrer ist ein alter Zopf, der endlich abgeschnitten werden muss. Die Tarifpolitik muss raus aus den alten Schablonen und sollte eine beschäftigungsfördernde Stossrichtung erhalten. Dazu gehört, die Löhne am Produktivitätsfortschritt auszurichten, die Lohnfindung zu dezentralisieren und das Senioritätsprinzip abzuschaffen.

Die Therapievorschläge für die soziale Sicherung sind wahrscheinlich am umstrittensten und dürften sehr unpopulär sein. Wahl und Schulte fordern die völlige Abkopplung der sozialen Sicherheit von der Erwerbsarbeit. Da laut Studien insbesondere auch bei jüngeren Arbeitnehmern die Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft bisweilen zu wünschen übrig lässt, führt kein Weg am Schweizer Modell vorbei, dass die Entlohnung vermehrt an gewinn- und individuelle leistungsabhängige Komponenten koppelt. Erstrebenswert scheint auch, wie in der Schweiz die Kranken- und Pflegeversicherung künftig über pauschale Prämien zu finanzieren. Die beiden Autoren lehnen sich recht weit aus dem Fenster, wenn sie die Begrenzung der gesetzlichen Rente auf Grundsicherung und einen Ausbau der kapitalgedeckten Vorsorge fordern. Weitere Vorschläge finden sich zur Reform des Steuersystems und der Arbeitsvermittlung. Selbstverständlich sind die grösseren beschäftigungspolitischen Erfolge in Österreich und der Schweiz auch eine Folge der geringeren geographischen Ausdehnung und der kleineren Bevölkerungszahl. Allerdings ist genauso gewiss, dass die schlechtesten Ergebnisse bei der Arbeitslosigkeit in den grössten westeuropäischen Ländern Italien, Frankreich und Deutschland erzielt wurden. Die zukünftige Bundesregierung wäre also gut beraten, ein arbeitsmarktpolitisches Gericht mit möglichst wenig französischen und italienischen Zutaten, dafür umso mehr österreichischen und vor allem Schweizer Zutaten zu kredenzen. Und das auch die anglo-amerikanischen Zutaten sehr gut schmecken, verleugnen in Deutschland zumeist die Ideologen, die ein zunehmend erfolgloses deutsch-französisch-italienisches Modell als das grosse europäische Sozialstaatsmodell anpreisen wollen. Wenn die deutsche Bevölkerung nicht mitzieht und die eigene Mentalität ändert, werden jedoch alle Versuche, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, zum Scheitern verurteilt sein.

Stefanie Wahl/Martin Schulte: Arbeitslosigkeit abbauen - von Besseren lernen! Hintergründe der Beschäftigungsunterschiede in Deutschland, Österreich und der Schweiz. München: Olzog Verlag 2005. 159 S., 20 Euro, ISBN 3-7892-8154-9 http://www.olzog.de

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