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Heilbronner Stimme: Medienwissenschaftler Jo Groebel: Der Fußball hat die Grenzen der Vermarktung erreicht - "Erinnert mich an die Endphase des Neuen Marktes"

ID: 1524581

(ots) - Der Medienwissenschaftler Professor Jo Groebel
sieht den Fußball an einem Scheideweg. "Die Grenzen der Vermarktung
sind erreicht", sagte Groebel der "Heilbronner Stimme" (Mittwoch):
"Die Spirale der Vermarktung dreht sich immer schneller und weiter.
Darüber geht die Seele des Fußballs verloren." Als Beispiele nannte
Groebel die gigantischen Ablösesummen wie im Fall Neymar und des nun
Ex-Dortmunders Dembélé, aber auch die Einführung des Videobeweises
sowie die immer höheren Kosten für Zuschauer durch die Aufsplitterung
der TV-Senderechte.

Viele Fans, die schon Jahrzehnte dem Fußball treu seien, hätten
längst keine Illusionen mehr. Sie hätten sich damit abgefunden, dass
es beim Fußball um eine Ware gehe. Aber, so der Medienpsychologe: "Es
rückt der Zeitpunkt näher, dass selbst die treuesten Fans sagen: Von
dieser Vermarktungsmaschinerie haben wir die Nase gestrichen voll."

Auf dem Transfermarkt würden inzwischen "absurde Preise" gezahlt,
die nicht nur den Fans kaum noch vermittelbar seien. Sondern, so der
Medienprofessor: "Das ist doch gar nicht mehr refinanzierbar. Weder
durch Sponsoren noch durch immer höhere TV-Gelder. Der Markt ist
völlig ausgereizt, und dass sich die heute getätigten Investitionen
jemals rechnen, halte ich für völlig illusorisch." Groebel fügte
hinzu: "Es geht offenbar nur ums Angeben. Ähnlich wie bei
Multimilliardären, die nur darauf achten, ob ihre Yacht auch die
längste auf den Weltmeeren ist."

Der Medienprofessor zieht in diesem Zusammenhang einen weiteren
Vergleich: "Die Entwicklung auf dem Fußballmarkt erinnert an die
Endphase des Neuen Marktes. Oder an den ersten Crash überhaupt, der
im 17. Jahrhundert Europa erschütterte, weil alle auf
Gewinnsteigerungen mit Tulpenzwiebeln spekulierten. In beiden Fällen
wurde schließlich jeder Preis gezahlt - egal, ob ein reeller Wert




hinter dem Investment steckt. Der Fußball sollte sich die beiden
Beispiele genau anschauen."

Der Kollaps, so der Medienprofessor, werde kommen, sollte sich die
Spirale weiterdrehen. "Dann sind einige wie Spielevermittler reich
geworden, aber noch mehr Klubs werden pleite gehen."

Viele Fans hätten sich zwar damit abgefunden, viel Geld für
Fußball im TV zahlen zu müssen. Doch Sender und Klubs sollten die
Geduld der Zuschauer nicht überschätzen. "Wenn die gezeigte Ware den
Preis nicht mehr wert ist, dann kollabiert der Fußballmarkt nicht nur
auf der Finanzseite, sondern auch auf der Seelenseite." Und wenn der
"Stecker erst einmal gezogen wird, kollabiert das gesamte System."

Für bedenklich hält er auch den Videobeweis. "Der Charme des
Fußballs hat immer darin bestanden, dass jeder weiß, dass der
menschliche Irrtum, der Subjektivitätsfaktor, aber auch der
Glücksmoment, auch in einer Schiedsrichterentscheidung, dass dies
alles eine große Rolle spielt."

Eine Verbindung sieht er in Verbindung zur sich immer schneller
drehenden Finanzspirale. Groebel: "Da, wo es um große Summen geht,
geht es auch um eine Scheinobjektivität. Je mehr es um das große Geld
geht, je weniger will man Fehler zulassen. Wir leben in einer Welt,
in der alle Dinge messbar sein sollen. Auch Dinge, die gar nicht
messbar sind. Das nimmt dem Fußball jeden Charme."

Groebel ist der Ansicht, dass eine absolute Objektivität durch den
Videobeweis gar nicht zu schaffen sei. Denn hinter der Technik des
Videobeweises steckten auch nur Menschen - und die legen
beispielsweise fest, welche Millisekunde eines Abspieles gezeigt
wird, mit dem beispielsweise ein Abseitspfiff als richtig oder falsch
bewertet werden soll.

Groebel: "Fußball ist immer auch Glück und Irrtum gewesen, darüber
diskutieren die Menschen, das bewegt sie, das macht die Seele des
Sports aus."



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Datum: 30.08.2017 - 05:45 Uhr
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