PresseKat - Warum der Markt dem Marketing nicht gehorchen will

Warum der Markt dem Marketing nicht gehorchen will

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(firmenpresse) - Köln - Warum eigentlich scheitern selbst Marktführer so häufig dabei, neue Produkte einzuführen? Die "Gläserne Manufaktur" von VW in Dresden zur Produktion des Luxusmodells Phaeton hat nach Einschätzung von PricewaterhouseCoopers (PWC) eine Auslastung von nur 21 Prozent, der Absatz liegt weit unter dem Worst Case-Szenario. Die deutschen Mobilfunkanbieter senken die Preise für die Multimedia-Nachrichten MMS um bis zu 75 Prozent - statt Preisen bis zu 1,29 Euro berechnen die meisten Mobilfunker nur noch 39 Cent je Bildnachricht. "Die neuen Tarife scheinen ein Umdenken bei den Mobilfunkgesellschaften anzudeuten: Bisher haben die deutschen Handy-Nutzer die höchsten Gesprächstarife in Europa gezahlt. Während in Nachbarländern wie Österreich ein harter Preiswettbewerb unter den Mobilfunkern für günstige Tarife sorgt, zeigten sich vor allem die deutschen Marktführer T-Mobile und Vodafone bisher bemerkenswert einig, nur behutsam an der Preisschraube zu drehen. Die Kunden haben entsprechend elastisch auf den Preis reagiert und im Durchschnitt nur 75 Minuten im Monat mit dem Handy telefoniert", berichtet die FAZ http://www.faz.net in ihrer heutigen Ausgabe. Die Tarifsenkung auf 39 Cent für eine MMS solle die Lust auf das Verschicken der Bildnachrichten heben und die dringend benötigten Umsätze mit Datendiensten ankurbeln.

Ähnlich schleppend entwickelt sich die Digitalisierung der Kabelnetze, so dass die angestrebte Flächendeckung in Deutschland bis 2010 nicht annähernd erreicht werden kann. Die aktuelle Goldmedia-Studie geht nur von vier Millionen Kabelfernsehhaushalten mit Digitalempfang in den nächsten sechs Jahren aus. "Es gibt seriöse Aussagen, dass rund 80 Prozent aller neuen Produkte sich in den ersten sechs Monaten als Flop erweisen oder zumindest deutlich im Markterfolg unter den Erwartungen liegen. Die Ursachen hierfür liegen in der Marktforschung selbst und in der Unberechenbarkeit der Märkte und Verbraucher", so die Analyse des Beraters Marc Emde von Kirch Consult http://www.kirchconsult.de in Köln. Manche Fehlschläge von neuen Produkten hätte man allerdings klar vorhersagen können: Mehr als zehn Jahre nach der erfolglosen Einführung der Minidisk nimmt Sony gerade einen neuen Anlauf, einen Minidisk-bestückten Konkurrenten zum erfolgreichen iPod von Apple auf den Markt zu bringen. "Angesichts des Siegeszugs von Memory-Cards und Speichersticks sind mechanische Speicherlaufwerke schon heute ein Anachronismus", sagt Emde.





Das Problem der aufwändigen Marktforschung liege darin, dass sie nur nach Bestätigungen von bekannten Sachverhalten suche und sie für ihre Zukunftsprognosen extrapoliert. "Das ist klassisches ‚In-the-Box-Denken’, wo die Rahmenbedingungen vorgegeben sind. Die Dynamik der Märkte, die gerade durch das Internet erheblich zugenommen hat, wird kaum berücksichtigt. Die tatsächlichen Innovationen sind meist nur gering, insofern setzen die neuen Produkte immer voraus, dass das Marktumfeld grundsätzlich recht statisch ist", kritisiert Emde. Ein fatales Beispiel hierfür sei die Musikbranche, die bisher keine Antwort auf den Trend zum Webdownload von MP3-Dateien gefunden hat. Die gesamte Branche sei völlig auf den Verkauf von produzierten Tonträgern fixiert, hätte dazu jahrelang auf viel zu hohem Preisniveau agiert und somit ihren erheblichen Umsatzrückgang selbst provoziert. Das wesentliche Problem für die Branche, so Emde, sei die Tatsache, dass das Internet andere Verhaltensweisen produziert. "Die Tonträgerbranche hat viele Jahre die hohen Preise der CDs damit erklärt, dass Künstler, Marketing und Werbung so teuer seien, und dass so viele unrentable Künstler produziert werden müssten, damit sich wenige als erfolgreich herauskristallisieren können. Das Internet schafft aber neue Vorgaben: die Produktionskosten beschränken sich auf Studio-Arbeit - die Vermarktung ist keine Frage mehr von Werbeeinsatz, sondern erfolgt über Vernetzung. Alle Titel und Interpreten sind im Internet grundsätzlich gleich, egal ob Megastar oder Garagenband", erklärt Emde das Kernproblem der Branche. Nicht das Management digitaler Rechte und Kopierschutz sei das Problem, sondern der massive Wandel der Bewertung des Produkts durch die Konsumenten.

Die Unberechenbarkeit der Märkte erweise sich angesichts der extremen Geschwindigkeit des Wandels als Problem für alle Produkte und Dienste, die eine grösseren Vorlauf an Entwicklungszeit benötigen. Der Phaeton sei ein Bespiel dafür: "Als VW mit dem Projekt begonnen habe, waren wir noch voll in der Euphorie des Aktienhypes und der New Economy. Teure Autos gehörten zum Business, elektronische Gadgets waren gefragt. Mittlerweile hat sich der Markt massiv gedreht und es gibt nicht genügend Wachstum im Luxuswagensegment, um eine neue Marke zu etablieren." Zusätzlich, so Emde, sei hier ein klarer Fehler mit dem Markenimage gemacht worden. "Der Fehlschlag der MMS im Mobilfunk beruhte ebenfalls auf völlig überzogene Erwartungen. Der Erfolg von SMS war ein ungeplanter Zufallstreffer. Mit MMS wollte man das wiederholen und eine Art Premium-Message nachschieben. Offensichtlich war den Mobilfunkbenutzern die Möglichkeit, längere Nachrichten mit multimedialen Inhalten zu senden, den drei bis vierfachen Preis der MMS gegenüber der SMS nicht wert. Oder der hohe Preis stellte eine Hemmschwelle dar, sich spontan zum Senden einer MMS zu entscheiden, wie es meist bei der SMS der Fall ist. Die SMS ist universell verfügbar, eindimensional textorientiert und günstig. Die MMS kam zu einem Zeitpunkt, wo der Internetzugang schon längst Alltag war, wo multimediale Emails und E-Cards praktisch kostenlos sind. So betrachtet wird klar, dass der Erfolg der SMS nicht einfach auf die MMS übertragen werden kann," betont Emde.

Emde hält es für extrem wichtig, dass Unternehmen über den Tellerrand ihrer eigenen Produkte und ihrer unmittelbaren Wettbewerber hinausschauen, neue und gänzlich andere Szenarien untersuchen, ihre Produkte und Dienste modular aufbauen, um sich den Konsumtrends kurzfristig anzupassen. "Eine hohe Spezialisierung hat sich schon immer als langfristig nicht erfolgreich erwiesen. Viele Produkte sind nur in einem kurzen, begrenzten Zeitraum erfolgreich. Der klassische Produktlebenszyklus in etlichen Konsumbereichen nicht mehr. Apple hat mit dem iPod vorexerziert, wie ein grundsätzlich in Vermarktung und Gebrauch anders geartetes Produkt durch einen IT-Hersteller zum Erfolg gebracht werden kann. Bekannte Techniken wurden in ein attraktives und für den Käufer werthaltiges Paket gebracht", so das Resümee von Emde.

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Datum: 02.08.2004 - 12:39 Uhr
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