(ots) - Einmal pro Jahr zeigt das Erste eine
"Tatort"-Episode mit Ulrich Tukur (58) - und oftmals werden diese
Folgen anschließend mit wichtigen Film- und Fernsehpreisen
ausgezeichnet, etwa mit der GOLDENEN KAMERA. Auch Tukurs fünfter
Einsatz als Felix Murot (Titel: "Wer bin ich?") ist ein Experiment -
auch eines mit der Logik. Keine leichte Kost für die Zuschauer.
Im Exklusiv-Interview mit HÖRZU verrät Tukur, warum das im TV
durchaus ein Wagnis ist - und attackiert die TV-Redakteure scharf:
"Sie haben die Zuschauer im Lauf der Jahre mit so viel Mindersinn
beworfen, dass das aktive Zuschauen, bei dem man auch mal seine
eigene Fantasie einsetzen muss, verkümmert ist. Wenn das TV überleben
will, muss es die Latte entschieden höher legen. Man muss die
Menschen, die vor den Apparaten sitzen, fordern. Vielleicht gibt es
nach der Ausstrahlung meiner neuen 'Tatort'-Episode einen Shitstorm.
Na und? Ich finde, dass der 'Tatort' immer eine Überraschung sein
sollte, kann aber auch Leute verstehen, die am Wochenende eine
'saubere', 'normale' Krimiunterhaltung haben möchten. Das wird ja
sowieso überwiegend gemacht, und inzwischen ist das Format so
inflationär unterwegs, dass man es sich leisten sollte, an einer Ecke
mutige neue Wege zu beschreiten."
Tukur erläutert den komplexen Aufbau seines neuen "Tatorts": "Ich
spiele den Schauspieler Ulrich Tukur, der die Figur Felix Murot
spielt. Doch die Rolle hat keine Lust mehr auf ihre virtuelle
Existenz. Sie möchte nicht nur dann leben, wenn die Kameras laufen,
sondern auch mal im Park spazieren gehen. Dann ereignet sich ein
Todesfall im Team - und Tukur gerät in Mordverdacht." Kann Tukur nach
dieser Episode überhaupt als Kommisssar Murot weitermachen? Der Star
kontert: "Es war nie meine Absicht, mit dieser Episode einen
eleganten Abgang hinzulegen. Ich mache so lange weiter, wie der
'Tatort' neue Räume öffnet. Diesmal stellen wir die Krimireihe in
eine Art Spiegelkabinett, in der sie sich auf vielen Ebenen bricht
und reflektiert." Außerdem sei die nächste Murot-Episode bereits
abgedreht: "Sie erzählt die Geschichte eines Serienmörders, der
verzweifelten Menschen helfen will und sie umbringt, wenn er das
Gefühl hat, dass ihnen der Tod guttut. Jens Harzer vom Hamburger
Thalia-Theater spielt diesen Killer."
Auf die Frage, was er von der üblichen TV-Formel "Spitzenquote
gleich Spitzenfilm" hält, antwortet Tukur: "Warum soll etwas, das
massenhaft gesehen wird, besonders gut sein? Es ist doch möglich,
dass etwas gut ist und sich nicht sofort erschließt. Es ist sogar
wahrscheinlich. In den Radiosendern wird dann gern ABBA gespielt -
die Programmmacher können sicher sein, dass niemand abschaltet, denn
hier haben sie den kleinsten gemeinsamen Nenner. Eigentlich sollte
man sich bei hohen Einschaltquoten eher Sorgen machen und sich
fragen: Was habe ich falsch gemacht? Warum habe ich niemanden
verstört?"
Die ganze Abrechnung von Ulrich Tukur mit dem TV in HÖRZU 52 (EVT:
18.12.2015).
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