(ots) - Als Folge der Energieeinsparverordnung (EnEV)
steigen nicht nur die Anforderungen an die Gebäudedämmung. Mit
dichteren Gebäudehüllen steht auch das Thema der Gebäudelüftung
stärker in der Diskussion. Auslöser dafür sind nicht selten
Schimmelschäden in Neubauten oder sanierten Altbauten.
Das Problem: Dichtere Gebäudehüllen erfordern gezielte
Lüftungsmaßnahmen
Gebäude müssen eine innere luftdichte Bauteilebene nach DIN 4108-7
aufweisen. Undichtigkeiten an Einbauten wie Fenstern und Türen sowie
an den Baustoffen der Außenhülle sind zu verhindern. "Lüftung durch
Infiltration", also zum Beispiel durch ungeplante Fugen an Fenster
oder Leckagen in der Gebäudehülle wird so weitgehend unterbunden. Die
Messung der Luftdichtheit erfolgt über den "Blower Door"-Test. Die
EnEV fordert aber auch die "Sicherstellung eines erforderlichen
Mindestluftwechsels zum Zwecke der Gesundheit (...)". Um die
Mindestanforderungen an die Raumluftqualität einzuhalten, müssen
Schadstoffe, zu hohe Konzentrationen von CO2 oder Gerüche reduziert
oder aus den Räumen entfernt werden. Darüber hinaus gibt es
bauphysikalische Anforderungen an die Luftfeuchte. Durch Atmen,
Kochen, Duschen und weitere Faktoren wie etwa die Restfeuchte von
Baustoffen im Neubau entstehen je nach Raum zu hohe
Luftfeuchtigkeiten, die ebenfalls abzuführen sind, um Schäden zu
vermeiden. Erhöhte Luftfeuchte ist zum Beispiel eine Hauptursache für
die Schimmelbildung.
Darauf kommt es an: Ausreichend hohen Luftaustausch sicherstellen
Um jederzeit eine gute Luftqualität zu sichern und Schäden etwa
durch Feuchte zu vermeiden, ist ein regelmäßiger und mengenmäßig
ausreichender Luftaustausch sicherzustellen. Für den Luftaustausch
von Innen- und Außenluft gibt es grundsätzlich zwei verschiedene
Wege: Die freie Lüftung und die ventilatorgestützte Lüftung. Beide
Systeme haben Vor- und Nachteile, die es im Einzelfall abzuwägen
gilt.
Achtung: Freie Lüftung ist stark vom Nutzer abhängig
Unter freier Lüftung versteht man die natürliche Lüftung über
Fenster, Fugen und Schächte. Dabei werden Luftdruck- und
Temperaturunterschiede zwischen Innenraum und Außenluft genutzt.
"Frei lüften" kann der Nutzer durch Öffnen der Fenster. Es kann aber
auch durch Undichtigkeiten wie Fugen und Leckagen erfolgen. Eine
dritte Möglichkeit ist der als "Berliner Lüftung" bekannte
Luftaustausch über einen offenen Schacht. Eine freie Lüftung setzt
große Sensibilität und Verständnis des Nutzers voraus, etwa bei der
Fensterlüftung, die von den Bewohnern aktiv, energiesparend und in
den richtigen Zeitabständen vorgenommen werden muss. Ein weiteres
Problem freier Lüftungssysteme ist der Wohnkomfort. Es können
Zugerscheinungen auftreten, zudem ist die Lüftung abhängig von einem
deutlichen Temperatur- und Druckunterschied zwischen innen und außen.
Zudem kann die unkontrollierte Lüftung auch zu einer Auskühlung der
Räume und zu trockener Luft führen. Bei der "freien Fensterlüftung"
entstehen keine zusätzlichen Kosten, bei der Lüftung über Schacht
oder gezielte Undichtigkeiten sind die Kosten eher gering.
Wichtig: Kontrollierte Wohnraumlüftung arbeitet nutzerunabhängig
Bei der ventilatorunterstützten oder "kontrollierten
Wohnraumlüftung" (KWL) erfolgt der Luftwechsel unter Zufuhr von
externer Hilfsenergie. Alle KWL-Systeme stellen einen
nutzerunabhängigen, kontrollierten und definierten Luftaustausch
sicher. Zudem können sie zusätzlich mit Filtern ausgestattet werden,
um Schadstoffe und Partikel aus der Außenluft fernzuhalten.
Problematisch kann lediglich die Entfeuchtung der Raumluft sein.
Gut zu wissen: Zentrale oder dezentrale Wohnraumlüftung
Bei der KWL unterscheidet man zwischen zentralen und dezentralen
Systemen. Bei einem zentralen System ist an einer oder mehreren
Stellen eine Abluftanlage installiert. Die Luftaufnahme einer
klassischen Abluftanlage befindet sich meist in den Räumen mit den
höchsten Stoff- und Feuchtelasten wie Küche, WC oder Bad. Die Zuluft
wird entweder über Luftdurchlässe in der Außenwand oder in
Fensterfugen über Fensterfalzlüfter oder ähnliches "passiv"
zugeführt. Die Überströmung von anderen Räumen zum Abluftraum
gewährleisten Schlitze unter den Türen oder eigene Wanddurchlässe in
den Innenwänden. An eine zentrale Lüftungsanlage können auch
innenliegende Räume wie ein fensterloses Bad angeschlossen werden.
Etwas anders arbeiten zentrale Zu-/Abluftsysteme, in die auch eine
Wärmerückgewinnung eingebunden ist. Ihr Kennzeichen ist, dass über
das Lüftungsgerät an zentraler Stelle sowohl die Zu- als auch die
Abluft geleitet wird. Über Wärmetauscher wird die Wärme aus der
Abluft an die Zuluft abgegeben.
Bei zentralen Lüftungssystemen sollte der Ventilator nicht in
einem geräuschsensiblen Bereich des Hauses eingebaut werden. Ein
Nachteil liegt in den relativ langen Leitungswegen der Zu- und
Abluftkanäle zwischen den Räumen und der zentralen Anlage und dem
damit verbundenen baulichen Aufwand. Um Verschmutzungen und der
Bildung von Biofilmen entgegenzuwirken, ist zudem regelmäßig Wartung,
Reinigung und Filterwechsel einzuplanen.
Dezentrale Lüftungssysteme gehen einen anderen Weg. Hier hat jeder
zu belüftende Raum ein eigenes Einzelraumgerät mit Leitungsführung
direkt durch die Außenwand. Zu- und Abluft werden hier in einem Gerät
geführt. Lange Luftleitungswege entfallen und die Gefahr von
Biofilmen ist gering, dafür benötigt jedes Einzelraumgerät eine
Wanddurchführung und einen Stromanschluss und muss einzeln gewartet
werden.
Vorsicht: Alle Lüftungssysteme müssen verschließbar sein
Egal welches Lüftungssystem eingesetzt wird, ein Aspekt ist immer
zu beachten: Zum Schutz vor Schadstoffen aus der Außenluft müssen die
Systeme nach außen geschlossen werden können. Nur so ist
sichergestellt, dass Hausbewohner behördlichen Aufforderungen wie
"Alle Türen und Fenster sind geschlossen zu halten" konsequent Folge
leisten können. Um etwa starke Rauchentwicklung bei einem Brand oder
Schadstoffbelastungen bei einem Umweltunfall aus den Räumen
fernzuhalten, müssen die Lüftungen mindestens manuell verschließbar
sein oder andere technische Möglichkeiten dafür bieten.
Entscheidend: Fachgerechte Planung, damit die Anlage zum Haus
passt
Bereits in der stark verkürzten Darstellung wird deutlich, wie
viele Möglichkeiten es zur Lüftung gibt. Einen Königsweg für alle
Gebäude gibt es nicht. In jedem Einzelfall muss daher das geeignete
Verfahren gefunden werden. Voraussetzung dafür ist eine fachgerechte
und gründliche Planung, die die technischen Voraussetzungen des
Gebäudes, die Vorstellungen und Komfortwünsche der Bewohner
berücksichtigt.
Tipp von Dipl.-Ing. Marc Förderer, Bauherrenberater des
Bauherren-Schutzbund e.V.
Die Kosten für ein Lüftungssystem variieren je nach Komplexität
und Leistung des gewählten Systems von 5.000 Euro für ein einfaches
Abluftsystem bis zu über 12.000 Euro für eine komplette zentrale Zu-
und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Erfordernisse sollten
realistisch beurteilt und vor allem fachgerecht geplant und auf den
konkreten Nutzen bezogen werden. Es muss nicht immer die "große"
Lüftungslösung von der Stange sein. Oft sind individuelle Lösungen
mit einfachen Komponenten genauso zielführend und erfolgreich. Auch
eine klassische Fensterlüftung kann im Einzelfall weiterhin
ausreichend sein. Wichtig ist die sensible und ergebnisoffene
Auseinandersetzung mit dem Thema unter fachlicher Beratung, damit die
gewählte Lösung auch Akzeptanz findet. Im Zweifelsfall kann ein
Bauherrenberater des BSB als unabhängiger Dritter einen Blick auf die
Planungen werfen und sie beurteilen.
Weitere Informationen unter www.bsb-ev.de
Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.
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