(ots) - Jedem Mietverhältnis über Wohnraum liegt ein auf
Dauer angelegter Leistungsaustausch zu Grunde: Der Vermieter stellt
Wohnraum zur Verfügung, der Mieter zahlt im Gegenzug Miete. Für den
Fall, dass eine Vertragspartei ihre Pflicht nicht oder nicht
vollständig erfüllt, kann der Mietvertrag gekündigt werden.
Im einem besonders krassen Fall hatte der Mieter von März 2009 bis
Oktober 2012 keine oder nur einen Teil der Miete gezahlt. Die
Vermieterin kündigte das Mietverhältnis mehrfach fristlos und verwies
schließlich auf Mietrückstände in einer aufgelaufenen Höhe von
insgesamt fast 15.000 Euro.
"Der Vermieter kann laut BGB bereits fristlos kündigen, wenn der
Mieter bei zwei aufeinanderfolgenen Terminen mit einem erheblichen
Teil der Miete oder bei zwei nicht aufeinanderfolgenden Terminen mit
zwei Mietzahlungen im Rückstand ist", erläutert Doris Wittlinger,
Geschäftsführerin der Hausverwaltung Stöben Wittlinger GmbH. Der
aktuelle Fall zog sich deshalb so lange hin, weil der Mieter in die
Insolvenz kam, zuvor eine Minderung der Bruttomiete in Höhe von 20
Prozent gerichtlich durchgesetzt hatte und ihm zusätzlich ein
Zurückbehaltungsrecht der Miete in Höhe des vierfachen
Minderungsbetrages zugestanden wurde. Minderungsbetrag und Höhe des
Zurückbehaltungsrechts erreichten damit 100 Prozent der geschuldeten
Miete. Der Mieter zahlte fortan keine Miete mehr und schloss aus
diesem Umstand, dass er mit der Mietzahlung auch nicht in Verzug
geraten könne, eine Kündigung demnach ausgeschlossen sei.
Der Bundesgerichtshof sah das anders (BGH, 17.06.2015, AZ: VIII ZR
19/14). Er entschied, dass mit dieser Auslegung der Zweck des
Zurückbehaltungsrechts unterlaufen werde und der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei. Das Zurückbehaltungsrecht nach
§ 320 BGB diene lediglich dazu, dem Anliegen des Mieters
vorübergehend Nachdruck zu verleihen, damit der Vermieter den
beanstandeten Mangel abstellt. Es könne redlicherweise nur so lange
ausgeübt werden, wie es seinen Zweck erfüllt. Zeige sich der
Vermieter unbeeindruckt und beseitige den Mangel nicht, entfalle
daher das Zurückbehaltungsrecht. "Der Mieter ist aber nicht wehrlos,
wenn der Vermieter untätig bleiben sollte", ergänzt Doris Wittlinger.
"Sollte er mit Mietminderung und Zurückbehaltung keinen Erfolg haben,
kann er immer noch andere Wege beschreiten, zum Beispiel auf
Mangelbeseitigung klagen oder den Mangel auf Kosten des Vermieters
selbst beseitigen."
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