(ots) - Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist
gut. Und fernab aller Sorgen um eine Abkühlung der Konjunktur sorgen
niedrige Zinsen, ein niedriger Ölpreis und ein guter Wechselkurs des
Euro für überwiegend positive Unternehmensnachrichten. Weder ein
möglicher Zinsanstieg in den USA, noch eine drohende Bankenkrise in
China, weder zunehmende Börsenschwankungen, noch geopolitische
Konflikte trüben die Großwetterlage. Dementsprechend legte der
Ifo-Geschäftsklimaindex im September denn auch leicht zu,
insbesondere verbesserten sich die Erwartungen.
Inwieweit und ob aus dem VW-Abgasskandal allerdings ein Risiko
künftiger Entwicklungen resultieren wird, bleibt abzuwarten,
verbunden mit der Frage eines erfolgreichen Krisenmanagements bei VW
einerseits, und, ob weitere Autobauer sich Vergleichbares haben zu
Schulden kommen lassen andererseits. Die Folgen für die deutsche
Konjunktur wären neben den unmittelbaren Rückgängen im Exportgeschäft
der Automobilindustrie, über Imageschäden für Produkte "Made in
Germany" und Umsatzeinbußen für die Zulieferindustrie sicherlich
nicht von der Hand zu weisen. Seriösen Schätzungen zufolge könnte ein
Rückgang der Exporte der deutschen Automobilindustrie in die USA um
20 % Deutschland etwa 0,3 %-Punkte Wirtschaftswachstum kosten. Dieses
Szenario entbehrt noch jeglicher Realität, zeigt aber, welche
Konsequenzen exogene Faktoren haben könnten, durchaus freilich auch
unter Umständen mit positiven Vorzeichen. Bis Ende 2016 eine
Zuwanderung nach Deutschland durch Flüchtlinge von rund 1 Mio.
Menschen unterstellt, wirkt auch dieser Umstand auf die Konjunktur,
denn die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge könnte ein Mehr
an Wirtschaftsleistung von bis zu 0,2 %-Punkten generieren.
"Aktuell und mit dem stärksten Effekt wirkt allerdings der
niedrige Ölpreis. Er entlastet nicht nur die Unternehmen, sondern
auch die Verbraucher und sorgt so für ein Mini-Konjunkturprogramm mit
einer Zunahme des privaten Verbrauchs, der mittlerweile zu einer
wichtigen Säule der deutschen Konjunktur geworden ist", so Dr. Frank
Pörschke, bei JLL CEO Germany. Vor diesem Hintergrund soll die
deutsche Wirtschaft bis Ende 2015 laut Consensus Economics um 1,8 %
und 2016 um nochmals 1,9 % wachsen. "Alles in allem also immer noch
solide und robuste wirtschaftliche Rahmendaten und -aussichten", so
Pörschke. Timo Tschammler, bei JLL Member of the Management Board
Germany, ergänzt: "In der Folge setzt auch der Arbeitsmarkt in
Deutschland - besonders in der für den Büromarkt so wichtigen
Dienstleistungsbranche - seine gute Entwicklung weiter fort. Diese
Unterstützung bleibt auch im letzten Quartal des Jahres erhalten, so
dass wir mit einem Umsatzvolumen für das Gesamtjahr 2015 in Höhe von
bis zu 3,3 Mio. m² rechnen." Tschammler weiter: "Die Sorge einiger
Marktteilnehmer, dass sich die Investmentmärkte von ihren
Fundamentalmärkten entfernen, ist nicht begründet. Im Gegenteil, die
insgesamt sehr gute Performance der Vermietungsmärkte in der
Dreivierteljahresbetrachtung sorgt dafür, dass sich die Lücke weiter
schließt."
Deutliche Belebung der Nachfrage - vor allem in der Hauptstadt
boomt es
Über die sieben deutschen Immobilienhochburgen hinweg zeigt sich
zum Dreivierteljahr mit 2,49 Mio. m² beim Umsatzvolumen ein
deutlicher Anstieg von 18 % (Q1-3 2014: 2,11 Mio. m²). Das Umsatzplus
hat damit gegenüber dem Halbjahr noch einmal an Fahrt zugelegt.
Auffällig und positiv zu bewerten ist weiterhin die Umsatzentwicklung
bei den reinen Vermietungen mit einem Wachstum um mehr als 20 %. "In
der Quartalsrückschau fehlen zwar Großanmietungen jenseits der 10.000
m². Dass dennoch ein so gutes Umsatzvolumen erzielt wurde, zeigt,
dass die Märkte auf sehr breitem Fundament stehen und, positiv
formuliert, nicht in vollen Umfang von solchen Großabschlüssen
abhängig sind", sagt Timo Tschammler.
Die geografische Differenzierung der Big 7 zeigt im
12-Monatsvergleich ein deutliches Umsatzwachstum in Berlin (+47 %)
und Düsseldorf (+45 %). Während Köln seinen Rückstand aus dem
Halbjahr fast nahezu durch ein gutes drittes Quartal kompensieren
konnte, liegt nun Hamburg mit einem Minus von rund 5 % am Ende des
relativen Umsatzrankings.
Die nach der Finanzkrise zu beobachtende Büroflächenverdichtung
ist mittlerweile vergessen. Mit steigender Mobilität, technologischem
Fortschritt, immer weiter steigendem Zwang zu Kosteneffizienz und
immer höheren Markteinführungsgeschwindigkeiten geht es aktuell um
die Gestaltung von aktivitätsbasierten Arbeitsumgebungen. Dazu gehört
auch, die vorhandenen Flächen "anders" - im Sinne von mehr
Gemeinschafts- und weniger Einzelarbeitsplatzflächen - zu nutzen.
Diesen Trend erkennen wir immer deutlicher bei den Anmietungs- und
Suchprozessen von Büronutzern. Vorboten dieses Trends sind die
vermehrten Aktivitäten von Technologie- und Start-up Unternehmen in
Berlin.
In Bezug auf den VW-Abgasskandal mag man sich über die möglichen
Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft Gedanken machen. Abseits
von Spekulationen zu möglichen Auswirkungen auf andere Sektoren ist
die Automobilbranche faktisch nur ein kleiner Akteur auf den
Büro-Vermietungsmärkten der Big 7. In den letzten 10 Jahren hat die
gesamte Branche zusammen (inkl. Zulieferer) knapp 480.000 m²
Büroflächen angemietet. Das sind gerade einmal 1,3% des gesamten
Umsatzvolumens in diesem Zeitraum.
Leerstände sinken immer noch weiter
Im Vergleich zum Halbjahr ist die Veränderung des belegten
Büroflächenbestandes nochmals deutlich auf rund 326.000 m²
angestiegen, ein signifikantes Zeichen der weiterhin auf Expansion
stehenden Ampeln der Büronutzer.
Neben Berlin zeigten sich im dritten Quartal Mieter am
Düsseldorfer Markt besonders expansionswillig. Um fast 100.000 m²
konnte der belegte Flächenbestand zulegen, sicherlich auch ein
Ergebnis der zahlreichen Großanmietungen.
Der kumulierte Leerstand liegt Ende September bei 6,17 Mio. m² und
damit 12 % unter dem Vorjahresstand, die über alle Städte gemittelte
Leerstandsquote bei 6,9 % und damit 1%-Punkt unter dem Wert des
Vorjahres. In der Langfristperspektive sind somit seit 2010 fast 3
Mio. m² aus der Leerstandsstatistik verschwunden. Zweistellige
Leerstandsquoten sind zurzeit in keine der Big 7 zu finden.
Überdurchschnittlich sind die Leerstände in Düsseldorf (-19 %) und
in Berlin (-15%) zurückgegangen, ein Spiegelbild der guten Nachfrage
im abgelaufenen Quartal. Nach wie vor weist Stuttgart (Ende Q3 2015:
4,9 %) die geringste Leerstandsquote unter den Big 7 auf. Erstmals
seit dem New-Economy Boom zu Beginn der 2000er Jahre liegt damit eine
deutsche Bürohochburg wieder unter der 5%-Marke. "Aus unserer Sicht
spricht aktuell nichts dafür, dass die Nachfrage mittelfristig
signifikant zurückgehen wird. In Verbindung mit einem nach wie vor
sehr moderaten Neubauvolumen rechnen wir auch in den anderen Städten
mit weiteren Leerstandsreduzierungen", so Helge Scheunemann, bei JLL
Head of Research Germany.
Die aktuelle Diskussion über Flüchtlinge und die damit verbundenen
Fragen zu Unterkünften hat mittlerweile auch die
Gewerbeimmobilienmärkte erreicht. Neben der Beschlagnahmung von
Immobilien durch die Städte stellen sich auch Fragen zu
(Um-)Nutzungen von leerstehenden Büroimmobilien. "Wir erwarten, dass
Städte und Gemeinden in den nächsten Wochen und Monaten vermehrte
Aktivitäten entfalten und gemeinsam mit Eigentümern nach
individuellen Lösungen suchen. Auch das könnte dafür sorgen, dass vor
allem ältere Büroflächen aus der Bestands- oder Leerstandsstatistik
verschwinden", so Scheunemann.
Neubautätigkeit stabil - keine signifikante Angebotsausweitung
erwartet
In den ersten neun Monaten des Jahres wurden insgesamt rund
563.000 m² fertiggestellt. Das sind knapp 9 % weniger als im
Vorjahreszeitraum, die aktuell vorherrschende Meinung manifestierend,
dass es an Neubauflächen besonders in den zentralen Lagen der Städte
mangelt. Und eine massive Ausweitung ist angesichts steigender
Grundstückspreise und einer zunehmenden Konkurrenz mit anderen
Flächenarten (besonders Wohnen) kaum zu erwarten. Es sind zwar
aktuell kumuliert über alle sieben Hochburgen fast 2 Mio. m² im Bau,
davon stehen aber nur noch 650.000 m² (knapp ein Drittel) dem Markt
frei zur Verfügung. Regionale Schwerpunkte der Bautätigkeit befinden
sich in Hamburg und München mit zusammengerechnet 940.000 m².
"Im das letzten Quartal des Jahres erwarten wir noch ca. 431.000
m² an Neubauflächen, das gesamte Fertigstellungsvolumen des Jahres
2015 wird sich auf 995.000 m² belaufen, damit in etwa auf
Vorjahresniveau. Für das nächste Jahr 2016 rechnen wir mit knapp 1,2
Mio. m²", so Scheunemann.
Spitzenmieten auf Wachstumskurs
Die Spitzenmieten haben sich im dritten Quartal allesamt auf
Halbjahresniveau stabilisiert. Der entsprechende aggregierte
Spitzenmietpreisindex für alle sieben Städte notiert insofern
unverändert bei 176 Punkten, gleichbedeutend einem Plus von 1,7 % im
Jahresvergleich. Bis Ende Dezember wird noch ein weiterer Anstieg von
1,5 % erwartet, bei einem Anstieg der Mieten in Hamburg, München und
Stuttgart jeweils um 50 Cent und in Berlin sogar um einen weiteren
Euro.
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Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch(at)eu.jll.com