(ots) - Nicht Schule und Freizeitstress überfordern die
Kinder - sondern die eigenen Mütter und Väter, die selber vom
beruflichen Dauerstress und unklaren Rollenbildern verunsichert sind.
Das ist das zentrale Ergebnis einer tiefenpsychologischen Studie, die
der stern exklusiv in Auftrag gegeben hat.
Im Auftrag des stern führte das Rheingold-Institut in Köln die
qualitative Untersuchung zum Thema "Fordernde Könige oder gefangen in
der Überforderung? Kinderstudie zum Alltags-Erleben der Kinder"
durch. Zentrales Ergebnis: "Die Kinder erleben ihre Welt zunehmend
als labil und brüchig. Auch über einer noch intakten Familie schwebt
das Damoklesschwert einer möglichen Trennung", so Stephan Grünewald,
Leiter des Rheingold-Instituts. Er ergänzt: "Kinder brauchen wieder
richtige Eltern, denn oft übernehmen sie unbewusst die Elternrolle.
Sie werden zu Alltags-Therapeuten ihrer Eltern und leisten viel
Aufwand für den Familienzusammenhalt."
Für die Studie wurden 28 Mädchen und Jungen im Alter zwischen 8
und 15 Jahren intensiv über ihr Leben befragt: Wie fühlen sie sich in
ihrer Welt? Was macht sie glücklich? Was setzt sie unter Druck? Was
genießen, was vermissen sie? Durch einen Abgleich mit 200 weiteren
Tiefeninterviews mit Kindern und Heranwachsenden entstand die wohl
umfassendste qualitative Untersuchung von Kindern der vergangenen
Jahre. Sie gewährt einen tiefen Blick in die verborgenen Gefühle der
Heranwachsenden.
In den Tiefeninterviews stellten die Wissenschaftler fest, dass
sich Kinder und Jugendliche nicht in erster Linie um Schuldruck oder
zu viele Nachmittagstermine sorgten. "Natürlich sind die hohen
Anforderungen in der Schule nicht wegzudiskutieren, aber für Kinder
scheint dies nicht das wesentliche Problem im Alltag zu sein", sagt
Grünewald.
Viel mehr bedrückt die Kinder die fehlende Verlässlichkeit der
Eltern und die labile Ordnung in der Welt. Sie erleben Ehen und
Beziehungen, die scheitern - und reagieren darauf mit Vorsicht. "Ich
denke, wenn ich zu patzig bin, dann streiten sich meine Eltern noch
wegen mir - und trennen sich vielleicht", sagte eine Zehnjährige in
der Befragung. Die Kinder nehmen sehr früh eine erwachsene Position
ein. Sie entwickeln ein sensibles Frühwarnsystem, wenn Krach droht:
Sie beschwichtigen, werden zu Vermittlern, wirken beruhigend auf die
Eltern ein oder werden selber laut und auffällig, um die Eltern
wieder zusammenzubringen.
Die Kinder erleben vom Alltag erschöpfte Eltern, die mal sehr
streng, dann wieder als Kumpel auftreten. Die Kinder vermissen zu
Hause neben Sicherheit auch eine klare Ordnung - mit verlässlichen
Uhrzeiten, eindeutigen Ansagen vom Vater oder der Mutter, eine klare
Wertestruktur. Sie wünschen sich Eltern, die wieder als Eltern
auftreten und das Kind Kind sein lassen und die sich trauen, einen
eigenen Standpunkt zu beziehen gegen den man auch rebellieren kann.
Die Studie zeigt, dass das Spielen am Computer aus diesem Grund
sehr an Bedeutung für die Kinder gewonnen hat, da in den virtuellen
Welten eindeutige Regeln herrschen und klar zwischen Gut und Böse
unterschieden wird. "Computerspiele muss man neu bewerten", sagt
Rheingold-Chef Grünewald. "Sie sind Erweiterungen unserer Realität,
aber auch ein Angebot, sich in einem festen Rahmen zu bewegen. Gegen
gelegentliches Spielen ist nichts einzuwenden, solange das Internet
nicht zum Internat wird."
Die Studie führte das Rheingold-Institut im Dezember 2014 im
Auftrag des Magazins stern durch. Der stern berichtet in seiner
Titelgeschichte "Eltern, erzieht uns!" ausführlich über die
Ergebnisse (Ausgabe 6/15, ab 29. Januar 2015 im Handel).
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