Ein Westdeutscher klopft seinem ostdeutschen 
Bekannten glücklich auf die Schulter: "Wir sind ein Volk!" Darauf 
meint der Ossi: "Wir auch!" Dieser Witz aus den 90er Jahren kommt 
einem in den Sinn, wenn man die neue hitzige Debatte verfolgt, die 
nun darüber ausgebrochen ist, ...

31.08.2015

Mittelbayerische Zeitung: Ein deutsches Problem: Merkel hat zu Recht klar gemacht, dass Fremdenhass keine Frage von Osten oder Westen ist. Von Reinhard Zweigler


Ein Westdeutscher klopft seinem ostdeutschen
Bekannten glücklich auf die Schulter: "Wir sind ein Volk!" Darauf
meint der Ossi: "Wir auch!" Dieser Witz aus den 90er Jahren kommt
einem in den Sinn, wenn man die neue hitzige Debatte verfolgt, die
nun darüber ausgebrochen ist, ob es in den neuen Ländern mehr
Flüchtlingsfeindlichkeit und Fremdenhass gibt als in den alten. Es
ist, als ob längst überwunden geglaubte Vorurteile 2015 plötzlich
fröhlich Urständ feiern, als ob die Besserwessis und Jammerossis
plötzlich wieder aus der Gruft gesprungen sind. Angela Merkel hat
gestern mit bemerkenswerter und lange vermisster Deutlichkeit klar
gemacht, dass Fremdenhass und Ressentiments gegenüber Flüchtlingen
hierzulande leider in allen Himmelsrichtungen anzutreffen sind. Wenn
einige Politiker Fremdenfeindlichkeit auf ein vor allem ostdeutsches
Phänomen reduzieren wollen, verschließen sie die Augen vor der
traurigen Realität und geben den Schwarzen Peter an "die da drüben"
ab. Damit kann man trefflich von eigenen Versäumnissen ablenken.
Merkel will dieses unwürdige Spielchen jedoch nicht mitmachen. Gut
so. Leider wird die Würde von Menschen nicht nur im sächsischen
Heidenau verletzt, es gab Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte nicht
nur im sächsischen Freital, Brandanschläge nicht nur in Tröglitz in
Sachsen-Anhalt oder im brandenburgischen Nauen sondern auch in Bayern
oder Niedersachsen. Dumpfer, gewalttätiger Hass auf Flüchtlinge fragt
nicht nach Ost und West. Er ist, gleich wo er sein Haupt erhebt,
widerwärtig, menschenverachtend, kriminell. Freilich häufen sich die
wütenden Proteste gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte jetzt gerade
in den neuen Ländern. Die islamfeindliche Pegida-Bewegung hat in
einigen Orten längst eine noch radikalere Fortsetzung gefunden. Vor
allem dort, wo es bislang kaum Ausländer gibt, wo also das


Zusammenleben kaum praktiziert werden konnte. Besonders groß ist die
Ablehnung von Flüchtlingsheimen zudem in jenen Gegenden, in denen die
rechtsextreme NPD besonders aktiv ist. Den braunen Rattenfängern mit
den schlichten Lösungen und den markigen Sprüchen folgen leider auch
viele Menschen, die sonst mit den Neonazis eigentlich nichts am Hut
haben wollen. Doch wer einfach hinter rassistischen Parolen herläuft,
macht sich mitschuldig. Die einpeitschenden Sätze, die von manchem
Neonazi kommen, werden in der Nacht zu Brandsätzen auf Heime, in
denen Menschen leben. Auf einem anderen Blatt stehen freilich
berechtigte Fragen und Sorgen von Menschen, denen eine
Flüchtlingsunterkunft per Verwaltungsentscheid quasi "vor die Nase"
gesetzt wird. Der Staat vor Ort, "die" Politik haben auch Fehler
gemacht, haben es mitunter versäumt, frühzeitig auf den dramatisch
anschwellenden Strom von Flüchtlingen vorzubereiten. Wenn Menschen
unzureichend oder gar nicht informiert werden, wenn Entscheidungen
über ihre Köpfe hinweg getroffen und nur noch verkündet werden, muss
man sich über Widerstand nicht wundern. Doch selbst dies rechtfertigt
keine Gewalt, keine Schmähungen und Beleidigungen, wie sie etwa
Angela Merkel in Heidenau entgegen geschleudert wurden. Wenn wirklich
800 000 Flüchtlinge in diesem Jahr zu uns kommen sollten, dann
bedeutet dies zugleich eine Herkulesaufgabe für die Verwaltungen. Es
braucht flexiblere Lösungen bei der Unterkunft, mehr Geld, mehr
Anstrengungen zur Integration für die, die bleiben dürfen. Aber auch
mehr Konsequenz gegenüber jenen, die kein Anrecht auf Asyl haben. Vor
allem bedarf es des Mitgefühls und der tätigen Hilfe der normalen
Bürger.



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