(ots) - Henning Mankell - der Autor, der uns seinen
Kommissar Wallander schenkte, ist an Krebs erkrankt. Und er, der
Schriftsteller, will etwas für ihn durchaus Naheliegendes tun: Er
will über diese Erfahrung schreiben. In einem Blog, in einer Kolumne,
die in einer schwedischen Zeitung erscheint. Es ist seine freie
Entscheidung als Schriftsteller.
Doch weil es öffentlich ist, darf die Öffentlichkeit auch Fragen
stellen: Gehören Krankheit und Sterben wirklich ins Rampenlicht? Sind
Krankheit und Sterben nicht doch viel zu privat, zu intim, als dass
die Leser das Leid des anderen am Frühstückstisch konsumieren?
Während man noch rätselt, erinnert man sich, dass viele Prominente
diesen Weg der offenen Aussprache gegangen sind. Ganz besonders denkt
man an den Künstler Christoph Schlingensief, der seine Verzweiflung
über den Krebs literarisch verarbeitete - und uns teilhaben ließ an
seinem letzten Weg. Wir erinnern uns an "Tschick"-Autor Wolfgang
Herrndorf, der jung an einem Hirntumor verstarb. Nicht still, sondern
als öffentlicher Aufschrei.
Es war bewegend. Es war ein Signal an uns alle, dass das Leben
eben nicht unverwüstlich ist. Schlingensief und Herrndorf haben uns
Demut vor der Gesundheit gelehrt. Aber natürlich darf man überlegen,
ob die Betroffenheitsliteratur zwar den Verfasser tröstet, aber
letztlich zu einer Inflation der Anteilnahme führt. Tief in uns drin
stellen wir uns vielleicht doch die Frage: Darf man die letzte
Intimität mit Millionen anderen teilen? Darüber lohnt es sich
nachzudenken. Aber was ist die Antwort? Eine ist die, dass der Tod
durch mehr Offenheit weiter aus der Tabuzone geholt wird.
Eine andere Antwort hat Mankell gegeben: "Ich werde aus der
Perspektive des Lebens, nicht des Todes, schreiben." Er wird uns als
Schriftsteller eine andere Herangehensweise an unsere letzten Dinge
zeigen. Andere Antworten geben auf die letzte Frage: Was war wichtig
im Leben?
So oft beschäftigen wir uns ja nicht mit unserem Ende. Es macht ja
auch Angst. Vielleicht können uns Schriftsteller wie Mankell helfen,
eine neue Perspektive auf unser Ende - und damit auch auf unser Leben
zu geben.
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