PresseKat - Börne statt Goethe: Stabilitätsnarren lähmen Deutschland

Börne statt Goethe: Stabilitätsnarren lähmen Deutschland

ID: 33543

Unternehmerischer Ehrgeiz wird erstickt

(firmenpresse) - Von Gunnar Sohn

Hamburg/Berlin - In Deutschland wird in ordnungspolitischen Debatten sehr viel von Deregulierung, Liberalisierung oder Privatisierung geredet, wenn es darum geht, Wirtschaft und Staat auf die Härten des internationalen Wettbewerbs einzustellen. In Wahrheit hält man im Land der Dichter und Denker krampfhaft am Konzept der Deutschland AG fest: „Bewahrt werden soll der deutsche Sozialstaat, der jahrzehntelang das Wunderwerk vollbracht hatte, Vollbeschäftigung, Wachstum, privaten Wohlstand und soziale Umverteilung zu vereinen. Weiter links werden gar rückwärtsgewandte Utopien von Literaten wie Günter Grass oder Soziologen wie Jürgen Habermas gepflegt: Man müsse sich nur auf die Tugenden der alten Bundesrepublik besinnen, auf Staatsinterventionismus, Umverteilung und Unterwerfung des Kapitalismus, um das Wunderwerk von einst zu retten", schreibt Zeit-Mitherausgeber Josef Joffe http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Joffe in einem Beitrag für die Zeitschrift "Merkur" http://www.online-merkur.de.

„Einige Intellektuelle müssen unter Amnesie leiden. Die Bedingungen für den Wirtschaftsaufschwung der Bundesrepublik waren Anfang der 1950er Jahre für den Erfolg der Marktwirtschaft für kurze Zeit äußerst günstig. Zur Blütezeit des Wirtschaftswunders betrug die durchschnittliche jährliche Arbeitszeit in Deutschland fast 2.200 Stunden. Nur in Japan wurde damals mehr gearbeitet. Heute arbeitet ein Erwerbstätiger in Deutschland im Durchschnitt nur noch 1.500 Stunden. Während die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren nahezu permanent gestiegen ist, ist die Regelarbeitszeit ständig gesunken", weiß Michael Müller, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters a&o http://www.ao-services.de in Neuss und Wirtschaftssenator des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) http://www.bvmwonline.de . In den vergangenen drei Jahrzehnten sei man wieder von der rückwärtsgewandten Mentalität des Ständestaates eingeholt worden, die das Kollektiv gegenüber dem Einzelnen bevorzuge, moniert Müller. Es fehle, was der große britische Liberale John Stuart Mill in seinem Essay "Considerations on Representative Government" aus dem Jahre 1861 mit dem Begriff "enterprise" umschrieben habe: "Der Wunsch, in Bewegung zu bleiben, Neues auszuprobieren und zu verwirklichen - zum eigenen Nutzen wie dem der anderen".





Die Zeiten hoher Löhne und korporatistischer Privilegien etwa im Banken- oder Industriesektor seien allerdings vorbei, so Joffe: „Im Westen sorgt der Deregulierungsdrang der EU, im Osten bis nach China ein unerschöpfliches Reservoir billiger, aber hochproduktiver Arbeitskräfte für den Niedergang der ‚Deutschland AG', dieses dichten Geflechts konzertierter Interessen, das den Marktkräften ihre Spitze nahm". Es fehle eine liberale Tradition. Selbst die FDP konnte sich nie zum klassischen Liberalismus durchringen. „Die FDP hätschelt Lobbyisten, verteidigt die IHK-Zwangsmitgliedschaft und befürwortet Sonderregelungen für Anwälte, Architekten und Apotheker. Keine andere Partei dreht liberal fromm die Gebetsmühle ‚im Zweifel für die Freiheit' wie die FDP, handelt aber so skrupellos nach der täglichen Regel ‚ohne Zweifel für die Klientel'", bemängelt Fritz Goergen, der 13 Jahre die Friedrich-Naumann-Stiftung führte.

Stattdessen tummeln sich nach Meinung von Joffe in der politischen und wirtschaftlichen Arena die Seilschaften des Gemüts, die Gremien der Selbstvergewisserung, die Gemeinschaften der Gleichglaubenden, die den Abtrünnigen verurteilen. „Wer nicht im Takt der Kartelle mitmarschiert, bekommt massiven Druck und die Abneigung der alteingesessnen Funktionäre in Gewerkschaften, Kammerorganisationen oder Parteien zu spüren", moniert Mittelständler Müller. Abgrenzung, Abschottung und Ausgrenzung dominierten. Die Endlosdebatte über die Abschaffung der Ladenschlusszeiten sei nach Ansicht von Joffe nur ein kleiner Beleg, wie unternehmerischer Ehrgeiz auf niedrigstem Niveau erstickt werde: „mit Flächentarifverträgen, die Arbeit in die Sozialhilfe abdrängen; mit einem Regelwerk, das Selbständigkeit und Geschäftsgründungen niederhält, mit einer sozialen Absicherung, die trotz Hartz IV noch immer wie ein hoher Mindestlohn wirkt und deshalb den kompetitiven Vorteil der Einwanderer untergräbt. Obwohl sich all diese Systeme an den Rändern aufzulösen beginnen, favorisieren sie noch immer die Insider und behindern die Outsider. Das Land kniet vor dem Altar der ‚vergleichbaren Umstände', zementiert aber Ungleichheit".

Damit sei nicht das Einkommensniveau gemeint, das hierzulande recht ordentlich ausfalle. "Gemeint ist die Kluft zwischen Innen- und Außenseitern, den Alteingesessenen und Dazugekommenen, den Deutschen, die hinter den Mauern privilegierter, weil kündigungsgeschützter Arbeit leben und jenen, die zwischen teilzeitiger, befristeter, 'schwarzer' oder gar keiner Arbeit pendeln". Privates Engagement und Verantwortung werde weder nachgefragt noch begünstigt. Stattdessen solle es der Staat richten. Auf jede staatliche Wohltat folgten dann zehn neue Verordnungen - und natürlich weitere Steuern und Abgaben. In der Nachkriegszeit dominierten harte Arbeit und Ehrgeiz im Sinne des Schriftstellers Ludwig Börne: „Der Ehrgeiz", schrieb er, „ist für die Seele, was der Hunger für den Leib ist", also eine mächtige Triebfeder, die zugleich als Türenbrecher fungiert, wenn Gerechtigkeit als Chancen-, nicht als Ergebnisgleichheit verstanden wird. Es gebe in Deutschland, so Joffe, zuwenig Mill und Börne - und zuviel Goethe. „Es fehlt der Wunsch, in Bewegung zu bleiben, Neues auszuprobieren und zu verwirklichen, und es gibt zuviel von dem, was weiland Börne gegen Goethe aufbrachte, gegen den ‚Stabilitätsnarren' und gegen die ‚steinerne Ruhe' und dessen ‚Hass' auf das ‚Werdende', das Bewegliche, das Schwankende und das Widerstrebende".

Goethes Gedanken, so Börne, „sind alle ummauert und befestigt". Unternehmer Müller erlebt diese Mentalität jeden Tag: „Es dominieren Aussprüche wie ‚Das haben wir immer schon so gemacht', 'Das macht man so und nicht anders' oder ‚Dafür gibt es klare Vorschriften'. Zweifel am Bestehenden oder Abweichungen von der Norm stehen nicht auf der Agenda der Besitzstandswahrer. Routine, Standards und kuschelige Gewohnheiten will in unserem Land keiner aufgeben".

Es fehlen die „Outsider als Insider“, wie es der amerikanische Historiker Peter Gay in seinem Buch „Weimar Culture“ ausdrückt. Das sind Leute die „es schaffen wollen“. Die von draußen nach drinnen drängen, die härter und länger arbeiten müssen, um die Handicaps ihrer Herkunft zu überwinden, die das Noch-nicht-Dagewesene oder Noch-nicht-Gedachte anbieten müssen, um trotz Abwehr und Abneigung der Alteingesessenen die vielen kleinen Festungen und Mauern sprengen und die trägen Platzhirsche herausfordern: Dazu zählt Zeit-Mitherausgeber Joffe den koreanischen Händler, der in New York seinen Obstladen die ganze Nacht offen hält, den peruanischen Chauffeur aus den Vororten, dessen Sohn in Stanford landete. „Oder der kleine Handschuhverkäufer Samuel Goldwyn (geb. Gelbfizs) und der Schrotthändler Louis B. (vormals Eliezer) Mayer, die Gründer von MGM, die in Hollywood aus Zelluloid Gold machen konnten, weil Amerikas Etablierte nicht erkannt hatten, welche Zukunftsindustrie sich vor ihnen auftat“, schreibt Joffe.

In keinem Land des Westens sei der Zusammenhang „Herkunft gleich Zukunft“ so ausgeprägt wie in Deutschland, wo über vier Fünftel der Studenten den Mittel- und höheren Schichten entstammen. Der junge Deutsche aus Neukölln, der begabte Türke, Albaner oder Senegalese komme nur selten aus seinem Ghetto raus und werde in Richtung „Stanford“ bugsiert. „Denn erstens gibt es in Deutschland kein ‚Stanford’, also eine talentaufsaugende Bildungsinstitution, die den Ehrgeiz beflügelt und den Aufstieg beschleunigt. Zweitens gibt es auf dem Weg nach ‚Stanford’ keine Zwischenstationen, wie sie in Amerika die John Hopkins University bietet, wo Jugendliche aus ‚bildungsfernen Schichten’ zwei Monate lang in einem ‚bildungsnahen’ Milieu akkulturiert werden, um dort die Techniken zu lernen, die das Kind des Ministerialdirektors schon zu Hause aufnimmt“, erläutert Joffe und bemängelt die Ideologie des Gleichschritts in der Bildungspolitik. Es dürfe niemand aus der Reihe ausscheren und nach vorne gezogen werden, „auch wenn es sich um die Allerletzten handelt, die zwar die Begabung, aber nicht die Fertigkeiten haben, um die Ghettomauern zu überwinden“.

Gut vierzig Jahre nach der von dem Philosophen und Pädagogen Georg Picht diagnostizierten Bildungskatastrophe hat sich in Deutschland wenig geändert. Der „Bildungsnotstand" an den Schulen wurde damals vor allem auf ungenügende Schulausstattung, fehlendes Lehrpersonal und schlechte Lehrerausbildung zurückgeführt. Die von der Großen Koalition Mitte der 1960er Jahre eingeleiteten Reformen wurden von der sozial-liberalen Regierung weiter vorangetrieben. Zwischen 1970 und 1975 verdoppelten sich die Bildungsausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden. „Und trotzdem diskutieren wir heute das gleiche Problem unter dem Stichwort ‚Pisa’. Die staatliche Bildungspolitik der Gleichheitsideologen hat kläglich versagt. Wir sind einfach nicht bereit, eine Bildungselite zu schaffen und rümpfen eher die Nase über den elitären Ansatz in den USA, die nur den Reichen vorbehalten ist. Das Gegenteil ist aber der Fall. In Universitäten wie Harvard oder Stanford werden 60 Prozent der Studenten mit Darlehen, subventionierten Nebenjobs und Stipendien unterstützt. Bei Doktoranden kommt die Universität sogar für die gesamten Studiengebühren und Lebenshaltungskosten auf. An der TU München kommen statistisch 44 Studierende auf einen Professor, an der ETH Zürich sind es 35, aber an der Stanford University nur acht. Die TU München gibt für jeden Studierenden jährlich 20.540 Euro aus, die ETH Zürich 57.310 Euro und die Stanford University 188.405 Dollar. Wir sollten in Deutschland deshalb von unserem hohen Ross runter kommen. Die von uns so häufig geschmähten Vereinigten Staaten bieten bessere Chancen für Aufsteiger und bringen eindrucksvollere Persönlichkeiten hervor, die unternehmerisch durchstarten und die amerikanische Volkswirtschaft und Gesellschaft bereichern“, sagt BVMW-Wirtschaftssenator Müller. In Stanford studierten oder forschten der Internet-Pionier Vinton Cerf, der Gründer der Dolby Labs, Ray Dolby, die ehemalige HP-Chefin Carly Fiorina, die HP-Gründer Bill Hewlett und David Packard, der Mitgründer von Google, Larry Page, der Mitgründer von Yahoo, Jerry Yang oder die Gründer von Sun Microsystems, Vinod Khosla, Scott McNealy und Andreas von Bechtolsheim.
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Datum: 03.08.2007 - 14:50 Uhr
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