(ots) - 20 Euro, 10 Euro und nun 5 Euro - die Antiklimax
der medialen Spekulationen passte Opposition, Gewerkschaften und
Wohlfahrtsverbänden gut ins Konzept. Sie haben ihr Urteil über die
geplanten Hartz-IV-Regelsätze schon gesprochen. Es fällt - wen
wundert's - vernichtend aus. Doch die reflexartige Kritik ist mehr
als ein Ritual. Es geht um die Umdeutung des Karlsruher Urteils.
Dabei hatten die Verfassungsrichter ja gerade nicht die Höhe der
Regelsätze moniert, sondern ihr mehr oder weniger willkürliches,
einst von Rot-Grün erdachtes Zustandekommen gerügt. Die Neuregelung
müsste demnach nicht zuerst an der Höhe der Sätze gemessen werden,
sondern eben an der Plausibilität des Verfahrens, das zu diesen
Sätzen führt. Eine solche Diskussion kann derzeit aber noch gar nicht
geführt werden. Vor allem aber eignet sie sich nicht für eine
politische Kampagne - sie ist zu kompliziert. Eingängig ist die
nackte Zahl, erst recht, wenn sie vermeintlich läppisch ausfällt. So
heißt es statt »Fünf Euro mehr« fortan »Nur fünf Euro mehr«. Der
abermalige Beleg sozialer Kälte einer Regierung, die Reiche schone,
Lobbyisten bediene und die Ärmsten drangsaliere, scheint erbracht.
Doch so einfach ist die Sache nicht. Schließlich hat jede Festlegung
der Regelsätze nicht nur die Leistungsempfänger, sondern auch die
Leistungserbringer zu berücksichtigen. Auch das ist notwendig, wenn
der gesamtgesellschaftliche Frieden gewahrt bleiben soll. Zwar haben
die Richter das Lohnabstandsgebot für nachrangig gegenüber einem
menschenwürdigen Existenzminimum erklärt - belanglos ist es deswegen
aber keineswegs. Im Gegenteil: Es kommt sehr darauf an, dass
diejenigen, die arbeiten gehen und trotzdem nur wenig mehr verdienen,
als Hartz-IV-Empfänger vom Staat bekommen, nicht ins Grübeln geraten,
ob sie am Ende die Dummen sind. »Arbeit muss sich lohnen« ist hier
mehr als ein Parteislogan. So muss es das erste Ziel aller Politik
bleiben, Menschen in Beschäftigung zu bringen, um ihnen eine
eigenverantwortliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu
ermöglichen. Dagegen ist selbst die komfortabelste Alimentierung
immer nur die zweitbeste Lösung. »Fördern und Fordern« hatte Gerhard
Schröder einst als die beiden Grundideen der Hartz-Reformen benannt.
Fordernd wären die neuen Hartz-IV-Sätze in jedem Fall so, wie es auch
die alten schon waren. Ein »schönes Leben ohne Anstrengung« verheißen
sie nicht, und das ist richtig. Eine andere Frage ist, ob mit der
Neuregelung das Fördern verbessert wird. Das wäre notwendig, wenn
mehr Hartz-IV-Empfängern als bisher wirklich geholfen werden soll. In
diesem Sinne rückt das Bildungspaket für Kinder in den Blickpunkt.
Gelingt es mit Hilfe millionenschwerer Sachleistungen, die Chancen
der jungen Generation zu verbessern und so die Zahl der
Sozialhilfekarrieren in zweiter und dritter Generation zu verringern,
wäre das ein wirklicher Fortschritt.
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