(ots) - Die Trauerfeier am Samstag hatte Hoffnung
gegeben. Einen Funken mindestens - endlich. Mit brüchiger Stimme,
aber eben auch in so bewegenden Worten war es der
nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gelungen,
aufrichtig Anteil zu nehmen - an dem Leid und an der Ohnmacht der
Angehörigen. Ihre Rede in der Duisburger Salvator-Kirche war würdig,
und sie war als ein Zeichen gedeutet worden, dass nun die Zeit der
Sprachlosigkeit zu Ende ging. Endlich war da jemand, der den Ton
traf, der sich nicht wegduckte, der sich wohl zu seiner
Fassungslosigkeit bekannte und doch den Auftrag seines politischen
Amtes nicht verschweigen wollte. Zugleich wirkten Hannelore Krafts
Worte an die Hinterbliebenen der 21 Opfer wie ein Versprechen: »Ihnen
allen und nicht zuletzt uns selbst sind wir es schuldig, das
Geschehene und Unfassbare lückenlos aufzuklären. Wie konnte dies
geschehen? Wer trägt Schuld, wer ist verantwortlich?« Ein
Versprechen, von dessen Wirkung ganze vier Tage später kaum etwas
übrig ist. Auch wenn man als Außenstehender den Schmerz derer, die
ihre Kinder, ihre Freunde und ihre Arbeitskollegen verloren haben,
kaum nachempfinden kann, so spürt man, dass etwas falsch läuft in
Duisburg. Grundlegend falsch. Zerstoben scheint jede Hoffnung, dass
auch in die Aufarbeitung der Loveparade-Katastrophe ein neuer Stil
Einzug halten könnte. Zerstoben die Hoffnung, dass die
Sprachlosigkeit weicht, weil sich die Verantwortlichen wenigstens zu
ihrer grundsätzlichen, allein dem Amt geschuldeten Verantwortung
bekennen. Und zerstoben ist die Hoffnung, dass Schweigen einkehrt, wo
die Grenzen eigener Verantwortung erreicht zu sein scheinen. Nichts
von alledem. Stattdessen machen Schuldzuweisungen die Runde, denen
doch immer stärker der Ruch anhaftet, dass es nur darum geht, die
eigene Haut zu retten. So will niemand schuld sein, nicht der
Veranstalter, nicht die Stadt und auch nicht die Polizei. Immer ist
es der oder sind es die jeweils Anderen gewesen. Wir erleben nicht
weniger als die Fortsetzung der Pressekonferenz vom Tag nach der
Katastrophe. Nur sitzen die Beteiligten längst nicht mehr einträchtig
nebeneinander und schieben das Mikrofon betreten weiter. Nein, sie
reden nur noch übereinander und suchen die Mikrofone geradezu. Es ist
ein einziges Trauerspiel, mit anzusehen, wie allein Stadtverwaltung
und Polizei miteinander umgehen. Sieht so Staatsgewalt aus? Ganz
sicher wird die Aufarbeitung des Geschehens noch Monate, vielleicht
sogar Jahre dauern. Ganz sicher wird es schwer werden, den Schuldigen
zu finden. Nicht zuletzt deshalb, weil es den einen Schuldigen
vielleicht gar nicht gibt. Das aber darf nicht darüber
hinwegtäuschen, dass es in und für Duisburg Verantwortliche gibt. Die
aber machen eine erbärmliche Figur - mittlerweile ohne jede Ausnahme.
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Andreas Kolesch
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