PresseKat - NRZ: Albtraum auch für die Kulturhauptstadt Kommentar zur Loveparade-Tragödie

NRZ: Albtraum auch für die Kulturhauptstadt

Kommentar zur Loveparade-Tragödie

ID: 234626

(ots) - Für uns in NRW ist das Sommermärchen vorbei. Was mit
Lena, Jogis Jungs und Stillleben auf der A 40 begann, hat ein
schlimmes Ende genommen. Die Loveparade-Katastrophe ist zu einem
Albtraum geworden, wegen des schrecklichen Geschehens und wegen der
unfassbaren Sprachlosigkeit der Verantwortlichen. Doch dieses
Desaster kann niemand aussitzen. Vergessen ist das Blutbad nicht.
Wird es niemals sein. 21 Menschen sind tot. Junge Leute, deren Eltern
ihre Welt verloren haben, weil ihre Kinder sinnlos ums Leben gebracht
wurden. Warum? Juristisch wird diese Frage die Staatsanwaltschaft
beantworten. Irgendwann. Moralisch ist die Antwort seit Samstag
gegeben. Stadt und Veranstalter haben schwere Schuld auf sich
geladen. Das Mega-Ereignis in einer Stadt, die so unbedingt
"Metropole" sein wollte, dass sie sich selbst zu viel und ihren
Bürgern und Gästen tödliche Gefahren zumutete, war fahrlässig
geplant. Was nun nach und nach von Journalisten ans Tageslicht
gefördert wird, ist das Szenario eines großen Skandals. Viele haben
gewusst, was geschehen konnte. Trotzdem haben sie im Rausch ihrer
Metropolis-Fantasien und leider auch im Taumel der
Kulturhauptstadt-Euphorie alle Bedenken ignoriert. Gesiegt hat nicht
die Vernunft, sondern die Geilheit auf das Giga-Ereignis, die
Großmannssucht eines kleinen Bürgermeisters, am Ende schlichtweg die
Gier. Geschehen ist aber ein GAU. Er trifft die Stadt, das Land auch
die Kulturhauptstadt, die den maßlosen Wettbewerb um immer größere
Events initiiert, gefordert und gefördert hat. All das ist klar. Nur
nicht die Verantwortung. Niemand bekennt sich. Niemand ist bereit,
sich zu stellen. Schuld wird davon geschoben. Es gilt das
Schwarze-Peter-Prinzip. Von Gerechtigkeit, gar Glaubwürdigkeit
nirgends eine Spur. Die vielen Angehörigen der Toten und die
Verletzten haben aber ein Recht darauf, dass ihnen Antworten gegeben




werden, dass jemand um Verzeihung bittet. Oberbürgermeister Adolf
Sauerland wäre verpflichtet dies zu tun. Dazu wurde er gewählt. Ein
OB ist nicht nur fürs Fassanschlagen zuständig, er ist der erste
Bürger seiner Stadt. So müsste er in der schlimmsten Stunde, die
seine Mitbürger erleben mussten, bereit sein, Verantwortung zu
übernehmen, Konsequenzen zu ziehen, weil auch seine
Loveparade-Planung zu einer furchtbaren Katastrophe geführt hat.
Stattdessen hat er die Opfer verhöhnt, sie selbst für ihren Tod
verantwortlich gemacht. Völlig zu Unrecht, wie die Untersuchungen
jetzt bewiesen haben. Nun sollen die Polizisten Schuld sein -
einfache Beamte, die Leben retten mussten, die von miserablen
Veranstaltungsmachern in tödliche Gefahr gebracht worden sind. Der
Duisburger Oberbürgermeister ist zu einer Symbolfigur für den
herzlosen Bürokratenstaat geworden: Statt Verantwortung zu tragen, so
schwer es sein mag, duckt sich dieser Herr Sauerland flach in die
Furche; glaubt, er könnte sich seiner Verantwortung entziehen. In
seiner Verwaltung wurde immer wieder vor der Loveparade gewarnt.
Jetzt wird getrickst, damit die interne Kritik nicht im Nachhinein
die Öffentlichkeit erreicht. Sauerland taucht ab. Er hat noch immer
nicht begriffen, was in Duisburg geschehen ist; dass seine Bürger in
Schock und Trauer sind - und voller Wut über ihr unwürdiges
Stadtoberhaupt. In seltener Selbstüberschätzung ließ er mitteilen, er
würde gebraucht, um an der Aufklärung mitzuwirken. Ja, aber
vermutlich als Beklagter, mindestens als Zeuge. Als OB erweckt er zur
Zeit den Eindruck, nicht Aufklärer, sondern Vertuscher zu sein. Die
traumatisierten Bürger aber sehnen eine Stadtführung herbei, die sich
endlich entschuldigt. Es bedarf eines glaubhaften Zeichens, das die
Bestürzung und die bittere Verzweiflung der Duisburger, deren Namen
für immer mit diesem Desaster verbunden sein werden, zum Ausdruck
bringt. Adolf Sauerland liefert das Gegenteil. Er ist zum Prototyp
des Büro-Bonzen geworden, der weit weg ist von der Wirklichkeit der
Menschen. Nein, Rücktritt kommt nicht in Frage. Um sein "Seelenheil"
sorge er sich, sagt er. Oh weh. Christlich ist das nicht. Denn
Seelenheil hat mit Einsicht in die Schuld zu tun, vor allem aber mit
aufrichtiger Reue. Davon ist Herr Sauerland weit entfernt. Warum sind
sie noch nicht zurückgetreten, Herr Sauerland?



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