(ots) - Der große Wurf blieb aus. Die Kabinettsliste, die
die neue nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft
(SPD) gestern vorlegte, kann dann doch nicht mit dem klangvollen
Namen aufwarten, den Beobachter rund um den Landtag bis zuletzt
erwartet hatten und den Kraft so gern präsentiert hätte.
Schon seit Tagen war ja bekannt, dass Kraft sich bei ihrer
Ministersuche einige Körbe von Wunschkandidaten eingehandelt hatte.
Ressort-Chef in einer Minderheitsregierung mit ungewisser
Halbwertzeit ist nicht eben der Traumjob, wenn man schon einen guten
und sicheren Posten hat. Trotzdem: Man darf gespannt sein, wie sich
ausgewiesene Fachleute auf ihren Gebieten wie der bisherige
DGB-Landeschef Guntram Schneider (Arbeit) oder der Kölner
Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans (Finanzen) in der Landespolitik
schlagen werden.
Auffällig sind die politischen Signale, die die Ressortzuschnitte
aussenden. Das gerade im Ruhrgebiet mit seinem hohen Migranten-Anteil
wichtige Thema Integration wurde als Anhängsel des neuen
Arbeitsministeriums im Vergleich zur schwarz-gelben
Vorgängerregierung, wo Armin Laschet wichtige integrationspolitische
Marksteine setzte, abgewertet. Die türkischstämmige Duisburger
Islam-Expertin Zülfiye Kaykin, die diesen Bereich in Krafts
Kompetenzteam im Wahlkampf besetzt hatte, sucht man erfolglos auf der
Ministerliste. Auf ein Zeichen wie in Niedersachsen, wo
CDU-Ministerpräsident Christian Wulff die türkischstämmige Aygül
Özkan in sein Kabinett geholt hatte, wartete man vergebens.
Dafür wurde der Bereich "Emanzipation" erstmals ausdrücklich in
ein Ministerial-Ressort integriert. Dies dürfte kein Zufall sein. Mit
sechs Frauen und sechs Männern ist die Regierung Kraft/Löhrmann
geschlechter-politisch korrekt austariert. Das wirft ein mediales
Schlaglicht auf die neue Administration in Düsseldorf und wird Kraft
auch bundesweit zusätzliche Aufmerksamkeit verleihen. Dieser Effekt
dürfte nicht lange anhalten. Dennoch wird es spannend sein zu
beobachten, ob die praktizierte Frauenquote in der Landesregierung
den Politikstil und womöglich die Politik selbst verändern wird.
Schon bald wird sich die Frage nach Kompetenz und
Durchschlagskraft der Ministerinnen und Minister stellen. Zwar muss
man auch der rot-grünen Minderheitsregierung eine Schonfrist
zugestehen - ob diese allerdings die üblichen hundert Tage dauern
wird, darf man bezweifeln. Die Minister müssen schnell sichtbare
Erfolge vorweisen. Egal, ob Frau oder Mann.
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