PresseKat - Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Halloween/Jamaika: Süßes oder Saures von Christian Kuczni

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Halloween/Jamaika: Süßes oder Saures von Christian Kucznierz

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(ots) - Man kann von Halloween halten, was man will.
Die einen sehen es als einen kulturimperalistischen Störfaktor, so
wie den Weihnachtsmann, der aus den USA kommend und von einer
Getränkefirma propagiert, das heimische Christkind ebenso verdrängt
hat wie den Nikolaus. Die anderen sehen Halloween als harmlosen
Kinderspaß an, dem sich auch viele Erwachsene aus Freude an der
Verkleidung und am Grusel nicht entziehen. Und dann gibt es noch die
Konsumkritiker, die reine Geschäftemacherei hinter dem Fest sehen.
Dabei ist Halloween die perfekte Metapher für unsere Welt am Ende
dieses Oktobers im Jahr 2017. Denn eigentlich diente dieser Tag in
seiner keltischen Tradition der Abwehr der bösen Geister. Und von
denen gibt es tatsächlich genügend. Jenseits des Atlantiks poltert
ein Donald Trump gegen jeden, der nicht in sein Weltbild passt und
droht nebenbei ernsthaft mit einem Nuklearschlag. Wobei man bei einem
wie ihm immer nicht weiß, was nun wirklich Ernst ist.
Besorgniserregend ist sein Umgang mit der Wahrheit, mit seinen
Gegnern, der freien Presse und der Welt im Allgemeinen in jedem Fall.
Auf der anderen Seite steht ein Despot wie Kim Jong Un, der sich
bewusst sein muss, dass seine Provokationen immer zu weit gehen. Die
Frage ist, wie lange das noch gut geht. In der Türkei herrscht mit
Recep Tayyip Erdogan ein proto-autokratischer Präsident, der in
seinem Zorn, seinem Verfolgungswahn und seinen Allmachtsfantasien
Unschuldige unter fadenscheinigen Vorwürfen nach Gutdünken
inhaftiert, freilässt oder auch nicht und den Rest Europas mit der
Drohung einer Neuauflage der Flüchtlingssituation des Jahres 2015 in
Geiselhaft genommen hat. In Russland hat Wladimir Putin 100 Jahre
nach der Oktoberrevolution eine zarengleiche Herrschaft installiert,
in der ohne ihn nichts mehr geht und deren Ende nicht absehbar ist.




Seine wie auch immer geartete Einmischung in den US-Wahlausgang hat
gezeigt, dass die einzige verbliebene Supermacht auf der Welt
vielleicht in Moskau sitzt und nicht in Washington. Und dann ist da
noch der Syrienkonflikt, der still und leise weitergeht, trotz der
Erfolge im Kampf gegen den Islamischen Staat, und in dessen Folge
Tausende verhungern, weil Assad immer noch an der Macht ist. Und aus
all dem und noch vielen anderen Dingen saugt der böse Geist des
Populismus Blut und wird stärker, auch bei uns. Es gibt also viele
Gründe, sich zu gruseln. Aber was machen die Unterhändler in Berlin?
Ziehen in bester Halloween-Manier um die Häuser und wollen
Süßigkeiten - und wenn sie die nicht bekommen, gibt es halt Saures.
Union, FDP und Grüne sind sich nicht zu dumm in diesen Zeiten, in
denen alte Wahrheiten nicht mehr gelten und in denen die Menschen
zurecht verunsichert sind, allen Ernstes mit einem Scheitern der
Sondierungsgespräche zu drohen, weil Maximalforderungen nicht erfüllt
werden. Dass bei dem Getöse um Obergrenzen, Klimazielen oder
Mütterrenten Themen wie die Digitalisierung, bei der Deutschland
schon jetzt im Hintertreffen ist, beinahe unter den Tisch gefallen
wären, interessiert niemanden. Auch das ist gruselig, übrigens.
Schauerlicher aber ist, dass dieses "Trick or Treat"-Prinzip sich
nach Aussagen aller Beteiligter noch lange hinziehen könnte. Und dass
am Ende etwas rauskommt, was Frankenstein-artig monströs sein könnte,
weil es aus Teilen zusammengeflickt ist, die nicht zueinander
gehören. Die Welt ist bedrohlich geworden, sie ist verwirrend und
beängstigend. Daraus schlagen die Populisten, von Trump bis zur AfD,
ihr Kapital. Die Menschen brauchen Antworten, keine Zuckerl. Und das
schnell. Sonst gibt es wirklich Saures.



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Datum: 30.10.2017 - 21:06 Uhr
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