(ots) - Europas Wirtschaftsregierung - allein der
Begriff taugt als Zündstoff für Explosionen. Das (Un-)Wort hat es
endgültig auf die EU-Tagesordnung geschafft. Denn in Europa wird über
alle möglichen Vorschläge diskutiert, was denn alles enger abgestimmt
und harmonisiert werden könnte. Vor dieser Kulisse sind hitzige
Debatten programmiert. Schließlich klingt es in vielen Ohren nach
Planwirtschaft am Brüsseler Reißbrett - und nach überbordender
Bürokratie.
Dabei ist es - und vielleicht kann allein dieser Hinweis die
Debatte versachlichen - unstrittig, dass niemand den Euro-Ländern das
gleiche Renteneintrittsalter oder einheitliche
Unternehmenssteuersätze verordnen soll. Das will auch keiner. Was
gegenwärtig in Berlin und Paris vorbereitet wird, setzt sich deutlich
bescheidenere Ziele. Zwar geht es um das gewaltige Problem, dass in
einigen Ländern des Euroraums nicht so sehr die Neuverschuldung das
eigentliche Defizit ist - sondern die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit.
Aber die Euro-Regierungen machen sich deshalb keineswegs zur
umfassenden Vollharmonisierung ihrer Sozialsysteme auf, sondern
wollen sich gegenseitig zur Aufnahme nationaler Schuldenbremsen
überreden oder die Indexierung von Löhnen abschaffen, um ihre
Finanzen auch über das jüngste Sparpaket hinaus tragfähig zu machen.
Sie lenken damit völlig zu Recht die Aufmerksamkeit auf echte
Defizite und erinnern daran, dass die Bereitschaft zur Solidarität
mit dem Willen zur Solidität einhergehen muss. Nach dem Prinzip: Geld
(aus dem Rettungsschirm) nur dann, wenn eine Gegenleistung erbracht
wird.
Natürlich funktioniert die Sache nur, wenn die Regierungen selbst
entscheiden. Und wenn die Annäherung von nationalen Standards nicht
zum Selbstzweck wird. Das ist - wie die Erfahrung der Hilfspakete für
Griechen und Iren zeigt - durchaus möglich. Selbst Spanien erhöht
jetzt das Rentenalter, sogar Portugal bricht mit Tabus.
Allerdings ist es wichtig, der Europäischen Kommission in diesem
Verfahren allenfalls eine kleine Nebenrolle einzuräumen. Denn in der
Tat hat sie die Neigung, sich so weit wie möglich in Kernfragen der
Sozial- und Wirtschaftspolitik einzumischen. Dann freilich stünde zu
befürchten, dass die Sorgen der Kritiker berechtigt wären.
Europäische Wirtschaftsregierung - das kann und darf daher niemals
die EU-Kommission sein.
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