(ots) - Die Diskussion um die Vergabe der Presseplätze beim
Mitte April beginnenden NSU-Prozess ist nicht beendet. Das
Oberlandesgericht München stellt sich stur gegen die breit
vorgetragene Kritik. Am Donnerstagabend bekräftigte das OLG, dass es
selbst keine neue Idee beisteuern will, um das Dilemma zu lösen, dass
derzeit keine türkischen Medien zur Prozessbeobachtung zugelassen
sind. Es wies sowohl die Anregung zurück, einen zweiten Pressesaal
mit Video-Übertragung einzurichten, wie auch alle anderen Vorschläge.
Der Chefredakteur von »neues deutschland«, Tom Strohschneider,
hatte dem OLG zuvor seinen Vorschlag eines Sharing-Modells
schriftlich erläutert. Nach der Ablehnung machte Strohschneider
seinen Brief vom 27. März nun öffentlich. Er betont darin, dass der
Sharing-Vorschlag nicht mit der vom OLG zurückgewiesenen »kompletten
Abtretung des eigenen Presseplatzes an ein anderes Medium, das in der
Rangfolge der Anmeldungen nicht den nächsten 'Zugriff' hätte«,
gleichzusetzen sei. Der Sharing-Vorschlag bedeute »keinen Eingriff in
die Reihenfolge der Anmeldungen«, in dem das OLG die Gleichbehandlung
verletzt sieht, sondern lediglich »die Zulässigkeit einer zeitweisen
Vertretung unseres Korrespondenten durch den Korrespondenten eines
türkischen Partnermediums«. Folglich handle es sich dabei auch nicht
um eine vom OLG abgelehnte Ȁnderung der Akkreditierungsbedingungen
im Nachhinein«.
Bei seinem Vorschlag stützt sich der nd-Chefredakteur auf die
Bestätigung, die das OLG München dem nd-Korrespondenten - wie
vermutlich gleichlautend den anderen akkreditierten Journalisten - am
25. März zuschickte. In diesem Gerichtsschreiben heißt es: Die zum
Zuge gekommenen 50 Medien bzw. Medienvertreter »erhalten zusätzlich
zu den Akkreditierungskarten einen auf das jeweilige Medium
ausgestellten Ausweis, der jeden ihrer akkreditierten Mitarbeiter
dazu berechtigt, bei rechtzeitigem Erscheinen (...), einen der 50 für
die akkreditierten Medienvertreter reservierten Sitzplätze
einzunehmen.«
Strohschneider argumentiert: »Demnach können die Medien mit
garantierten Presseplätzen auch einen anderen als ihren zunächst auf
einem der ersten 50 Plätze akkreditierten Korrespondenten zur
Berichterstattung in den Gerichtssaal schicken, natürlich nicht auf
einer 'weißen Karte', sondern namentlich ausgewiesen und ebenfalls
akkreditiert.« Im selben Schreiben teile das Gericht jedoch mit, dass
bei der Akkreditierung »Mehrfachnennungen der Medien durch Anmeldung
weiterer Mitarbeiter desselben Mediums außer Betracht« geblieben
sind. Folglich, so Strohschneider, habe jedes der 50 Medien derzeit
nur eine akkreditierte Person auf der garantierten Liste und es gebe
für diese auch keine »geborenen Nachrücker« aus eigenem Kontingent,
denn »weitere Mitarbeiter« seien ja »außer Betracht«. Strohschneider:
»Wenn nun die zuvor zitierte Zusicherung, ein betreffendes Medium
könne 'jeden ihrer akkreditierten Mitarbeiter' den garantierten Platz
einnehmen lassen, keine Augenwischerei sein soll, muss es demzufolge
die Möglichkeit geben, diese Vertretung im Bedarfsfall dem Gericht
mitzuteilen. Von diesem Recht möchten wir Gebrauch machen, und dies
in einer Weise, die für das Gericht sehr wohl namentlich
identifizierbar ist als auch geeignet, der meines Erachtens nicht
unberechtigten Sorge vor einem faktischen Ausschluss türkischer
Kolleginnen und Kollegen von der Prozessberichterstattung vor Ort
entgegenzuwirken.«
Vollständig dokumentiert ist der Brief bei:
http://www.neues-deutschland.de/rubrik/hausblog
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