(ots) - In dieser Woche hat die EU Zypern gerettet. Das
Wort von der Rettung schreibt sich allerdings nur widerwillig in den
Leitartikel. Es gibt gute Gründe, damit zu zögern. Zunächst sind
es die Kosten und Risiken, die deutsche Steuerzahler nun wieder
übernehmen, die die Skepsis wachsen lassen. Dann machen auch die
Wirkungen auf die Zyprer oder die Inhaber von Konten auf zypri-schen
Banken kein gutes Gefühl. 20 Prozent, 40 Prozent, gar 80 Prozent -
das waren die Zahlen, die man lesen konnte über die Kürzungen. De
facto ist das eine Enteignung. Man wagt sich nicht vorzustellen, was
vor den Türen unserer Sparkassen los wäre, wenn es hier nur den Hauch
des Verdachts gäbe, man würde Ähnliches versuchen. Nicht anders ist
die Situation auf Zypern. Davon zeugen die Bilder mit wütenden
Demonstranten, die unserer Kanzlerin auf wenig schmeichelhaften
Plakaten schon wieder das Hitler-Bärtchen ankleben. Dabei trifft es
ja wohl zu, dass Merkel sich zwar hart gegenüber Zypern präsentiert.
Aber allein ist sie damit nicht. Es hat selten eine so große
Übereinstimmung der EU gegeben wie jetzt gegenüber Zypern. Der Grund
dafür sind einerseits unverantwortliche Bank- und Geldstrategien des
gespaltenen Inselreichs. Wichtiger noch sind die Gelder ausländischer
Anleger, die ihre Investitionen durch Euro-Staaten absichern wollten.
Gegen letztere hilft nur das geeinte Vorgehen der Euro-Staaten.
Allein ist gegen solch eine Herausforderung nichts auszurichten. Der
- in den Hitler-Vergleichen sich manifestierende - Vorhalt,
Deutschland bewege sich erneut wie ein Hegemon, geht fehl.
Deutschland ist ohne EU ein Zwerg, eine Nussschale in stürmischer See
auf den ökonomischen Weltmeeren. Eine zweite Nachricht aus den
Finanzmärkten macht das sehr deutlich. Die sogenannten BRICS-Staaten
- Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika - wollen eine
eigene Bank gründen und mehr Einfluss in den internationalen
Geldinstitutionen. Noch sind sie sich nicht einig genug, um das
abzuschließen. Aber nicht nur nach Expertenmeinung droht von dort ein
Frontalangriff auf die Vorherrschaft von Euro und Dollar. Die globale
Machtverschiebung mit einer Neuordnung der Welt ist in vollem Gange.
Deutschland kommt darin nur als Teil Europas vor oder gar nicht. Das
ist die Basis, auf der man über die Hilfsmaßnahmen für Griechenland,
Zypern, Spanien, Portugal und wohl auch Italien entscheiden muss. Das
wäre aber nur der Anfang. Europas Schwäche ist, dass es nur reagiert,
nicht agiert. Die BRICS-Partner aber werden handeln. Das ist das
größte Risiko für den europäischen Wohlstand, nicht die Rettung
Zyperns. Vielleicht ist die bevorstehende Aufnahme Kroatiens in die
EU ein Anfang, die eigene Handlungsfähigkeit wiederherzustellen. Ein
Anfang, mehr nicht. Die Türkei müsste dringend folgen. Damit zu
zögern ist kaum zu verantworten. Leider muss man befürchten, dass
dies von den meisten unserer Politiker, die die EU lieber verkleinern
würden, nicht gesehen wird. Das wäre ein Jammer.
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