(ots) - Das Landgericht Köln hat die religiös motivierte
Beschneidung männlicher Kinder mit seinem Urteil vom 7. Mai 2012 für
strafbar erklärt. Dazu erklärt die Beauftragte der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften,
Maria Flachsbarth:
"Verständlicherweise hat das Urteil des Landgerichts Köln zu
Protesten insbesondere der jüdischen und muslimischen
Religionsgemeinschaften geführt. Durch die Bewertung der Beschneidung
männlicher Kinder aus religiösen Gründen als Straftat sind sie in
ihrer Religionsausübung gravierend betroffen. Denn die Beschneidung
von Jungen und Männern gehört zu den konstitutiven Elementen des
jüdischen Glaubens. Erst durch die Beschneidung ist die Zugehörigkeit
zur Glaubensgemeinschaft besiegelt. Auch im Islam gilt die
Beschneidung gemeinhin als unverzichtbares Zeichen der
Religionszugehörigkeit.
Das Landgericht Köln dagegen wertet die Beschneidung als Verstoß
gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes. Der
medizinische Eingriff kann nach Auffassung des Gerichts auch nicht
durch die Religionsfreiheit oder das Erziehungsrecht der Eltern
gerechtfertigt werden. Diese Rechtsauffassung ist sicherlich zu
hinterfragen. Für eine andere, stärkere Gewichtung der
Religionsfreiheit und des Erziehungsrechts der Eltern gibt es gute
Gründe. Gerade für das Erziehungsrecht ist es grundlegend, die Kinder
im eigenen soziokulturellen Kontext zu erziehen. Hierzu zählt
explizit die religiöse Erziehung. Das selbstverständliche Recht eines
jeden Menschen, als Heranwachsender bzw. Erwachsener seine Religion
zu wählen, wird durch die Beschneidung, die einen vergleichsweise
kleinen Eingriff darstellt, nicht berührt. Es muss betont werden,
dass die Beschneidung bei Jungen und Männern nicht vergleichbar ist
mit den verstümmelnden Eingriffen bei Mädchen und Frauen. In den USA
ist die Beschneidung bei Jungen nach der Geburt der Regelfall.
Das rechtskräftige Urteil hat keine Bindungswirkung über den Fall
hinaus. Es bleibt abzuwarten, ob andere, insbesondere höhere Gerichte
sich der Rechtsauffassung des Landgerichts Köln anschließen werden.
Dennoch hat die Entscheidung weitreichende Folgen. Sie sorgt für
große Verunsicherung bei jüdischen und islamischen
Religionsgemeinschaften sowie bei den Ärzten. Es ist zu befürchten,
dass das Niveau der medizinischen Qualität der Beschneidungen sinkt,
weil betroffene Eltern ihre Kinder in Zukunft von Unqualifizierten
beschneiden lassen könnten. Damit droht erst recht eine reale
Gefährdung des Kindeswohls."
Hintergrund:
Mit Urteil vom 7. Mai 2012 hat das Landgericht Köln die
Beschneidungen männlicher Kinder aus religiösen Gründen als strafbare
Körperverletzung bewertet. In einer Grundrechtsabwägung hat das
Gericht dem Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes den
Vorrang vor den Grundrechten der Eltern auf Religionsfreiheit und
Kindeserziehung eingeräumt. Das Urteil stößt bei den
Religionsgemeinschaften, insbesondere im Islam und Judentum, aber
auch bei den beiden großen christlichen Kirchen auf heftige Kritik.
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