(ots) - Vier Stimmen über den Durst bei der gestrigen
Bundestagsabstimmung haben Angela Merkel wieder stabilisiert.
Wirklich? Hängt das Wohl und Wehe von Schwarz-Gelb tatsächlich davon
ab, ob die Mehrheit der Koalition 315 zu 290 oder nur 310 zu 290
beträgt, ob also die Kanzlermehrheit noch steht oder nur die eigene
Mehrheit? Das ist Kokolores. Nichts ist besser geworden seit gestern.
Kanzlerin Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble haben in der
Euro-Krise bisher einen Eiertanz aufgeführt, aus Angst vor den
Wählern. Der begann mit "Kein Geld für die Griechen" und endet
vorläufig mit dem gestrigen 440-Milliarden-Schirm. Es ist eine
verdruckste Anerkennung der Notwendigkeiten, eine Rettungsaktion in
Trippelschritten. Trotzdem, und vielleicht gerade deshalb, schwillt
die Euro-Skepsis in den Reihen der Koalitionsparteien mächtig an.
Aber auch im ganzen Volk. Einen noch größeren Rettungsschirm wird
diese Koalition nicht mehr bewältigen. Und die Opposition? Sie
übertüncht derzeit erfolgreich, dass sie auch nur auf Sicht fährt,
dass sie genauso unsicher ist. So will etwa die SPD vergessen machen,
dass sie sich im Mai2010 beim ersten
Griechenland-Rettungspaket noch unter sehr fadenscheinigen Gründen
mit einer Enthaltung aus der Verantwortung schlich. SPD wie Grüne
haben monatelang das Projekt Eurobonds als Allheilmittel vertreten,
von dem jetzt nichts mehr zu hören ist, weil man merkt, dass es eine
Einladung zum weiteren Schuldenmachen wäre. Auch die Opposition
gerät, je schärfer die Krise wird, unter Druck ihrer Wähler und wird
nicht mehr so einfach mitmachen, wenn aus dem Milliardenpoker ein
Billioneneinsatz wird. Natürlich will Merkel keine Neuwahlen, schon
weil sie die FDP aus der Macht katapultieren würden. Noch steht ihre
Kanzlermehrheit. Aber schon der Mitgliederentscheid der FDP könnte
die Lage verändern, oder die nächste Spitz-auf-Knopf-Abstimmung im
Dezember über neue Griechenland-Milliarden oder im Frühjahr über den
langfristigen Rettungsschirm ESM. Spätestens ist es soweit, wenn im
Mai2012 Schleswig-Holstein bei der Landtagswahl der Union
verloren ginge. Das gestrige Abstimmungsergebnis war nur ein
Pyrrhus-Sieg. Merkel wähnt sich wieder sicherer, dabei ist sie dem
Scheitern ihrer Mehrheit näher als je zuvor
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