PresseKat - Gericht ordnet Freilassung von sieben Cumhuriyet-Mitarbeitern an

Gericht ordnet Freilassung von sieben Cumhuriyet-Mitarbeitern an

ID: 1515611

(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt das
politisch motivierte Verfahren gegen 17 Mitarbeiter der
regierungskritischen türkischen Tageszeitung Cumhuriyet aufs
Schärfste. Zwar ordnete ein Gericht am Freitag (28.07.) die
vorläufige Freilassung von sieben Mitarbeitern aus der
Untersuchungshaft an, ihre juristische Verfolgung geht jedoch weiter.
Vier Mitarbeiter bleiben weiterhin im Gefängnis. Ein endgültiges
Urteil gegen die Angeklagten steht noch aus. Das Verfahren geht
voraussichtlich am 11. September weiter.

"Trotz der angeordneten Freilassung war der Prozess gegen die
Cumhuriyet-Mitarbeiter bisher an Absurdität und Willkür kaum zu
überbieten. Journalisten, die nur ihre Arbeit gemacht haben, werden
wie Terroristen behandelt. Mit dem Verfahren will die türkische
Justiz die wenigen noch verbliebenen unabhängigen Stimmen im Land zum
Schweigen bringen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Alle
Cumhuriyet-Mitarbeiter müssen freigesprochen und zusammen mit den
über 160 in der Türkei inhaftierten Journalisten freigelassen
werden."

Ein türkisches Gericht entschied nach fünf Tagen Verhandlung, dass
die Mitarbeiter Güray Tekin Öz, Bülent Utku, Turhan Günay, Mustafa
Kemal Güngör, Musa Kart, Hakan Karasinir und Önder Çelik freigelassen
werden sollen. Chefredakteur Murat Sabuncu, der Kolumnist Kadri
Gürsel, Herausgeber Akin Atalay und Investigativjournalist Ahmet Sik
bleiben in Haft.

Die 17 journalistischen und sonstigen Mitarbeiter stehen seit
Anfang dieser Woche in Istanbul vor Gericht. Ihnen werden wegen der
Berichterstattung der Zeitung Verbindungen zu verschiedenen
"terroristischen" Gruppen vorgeworfen. Den Mitarbeitern drohen bis zu
43 Jahre Haft. Cumhuriyet ist eine der ältesten Zeitungen in der
Türkei und eines der wenigen noch verbliebenen unabhängigen Medien im




Land.

Reporter ohne Grenzen war als Prozessbeobachter die ganze Woche
vor Ort. In den Anhörungen ging es unter anderem um die redaktionelle
Ausrichtung der Cumhuriyet. Die Richter thematisierten etwa die Wahl
der Ãœberschriften und stellten Fragen zum Ablauf von
Redaktionskonferenzen (http://t1p.de/itk2). Angeblich sollen die
Angeklagten von Personen kontaktiert worden sein, die verdächtigt
werden, der Bewegung des Exil-Predigers Fethullah Gülen anzugehören.
Die türkische Regierung macht die Bewegung für den Putschversuch im
Juli 2016 verantwortlich.

Am Freitag haben die Anwälte der Angeklagten ihre Freilassung
gefordert (http://t1p.de/7mgj). Der Anwalt des Kolumnisten Kadri
Gürsel etwa kritisierte die Untersuchungshaft seines Mandanten trotz
Fehlens eines konkreten Beweises in der Anklage. Alp Selek sagte, er
arbeite seit fast 60 Jahren als Anwalt und habe noch nie eine so
"frei erfundene Anklageschrift" gesehen (http://t1p.de/gaif).

Erst Anfang April wurde die Anklageschrift vorgelegt. Darin wird
den 17 Mitarbeitern die angebliche Unterstützung von terroristischen
Organisationen vorgeworfen, darunter die Gülen-Bewegung und die
verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Laut Anklageschrift soll sich
die redaktionelle Linie von Cumhuriyet "radikal verändert" haben,
nachdem Can Dündar im Februar 2015 die Position des Chefredakteurs
übernahm. Demnach habe die Zeitung danach angeblich die Ziele dieser
Organisationen unterstützt.

Elf der 17 Mitarbeiter saßen sieben bis neun Monate in
Untersuchungshaft. Dazu gehören unter anderem der Chefredakteur Murat
Sabuncu, der Kolumnist Kadri Gürsel, der Karikaturist Musa Kart und
Bülent Utku, Vorstandsmitglied der Cumhuriyet-Stiftung. Sie wurden
Ende Oktober 2016 festgenommen (http://t1p.de/u80l). Der Herausgeber
der Zeitung, Akin Atalay, ist seit November inhaftiert. Polizisten
hatten ihn nach der Rückreise aus Deutschland am Flughafen in
Istanbul festgenommen (http://t1p.de/70e6).

Am 29. Dezember wurde der bekannte Investigativjournalist Ahmet
Sik verhaftet, der ebenfalls gelegentlich für Cumhuriyet geschrieben
hat (http://t1p.de/d5jf). Er saß bereits 2011 und 2012 ein Jahr im
Gefängnis, weil er den damaligen Einfluss der Bewegung des Predigers
Gülen innerhalb des Staatsapparats kritisiert hatte
(http://t1p.de/98z5).

Zu den weiteren inhaftierten Cumhuriyet-Journalisten gehörten
Önder Çelik, Mustafa Kemal Güngör, Hakan Karasinir, Güray Tekin Öz
und Turhan Günay. Unter den Angeklagten sind zudem der Kolumnist
Aydin Engin, der wenige Tage nach der Festnahme Ende Oktober aus
Altersgründen freigelassen wurde und der mittlerweile im Exil lebende
ehemalige Chefredakteur Can Dündar.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz
155 von 180 Staaten. Weitere Informationen über die Lage der
Journalisten im Land finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/türkei.

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Datum: 28.07.2017 - 19:48 Uhr
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