(ots) - Man sollte meinen, der Fall Schavan sei im März
mit dem Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts erledigt gewesen.
Die Klägerin habe in ihrer Dissertation getäuscht, entschied die
Richterin im Frühjahr. Ferner sei das Verfahren, mit dem die
Heine-Universität im Jahr 2013 der damaligen Bundesbildungsministerin
den Doktortitel entzogen hat, in keinem Punkt zu beanstanden. Kurzum:
Die Düsseldorfer Hochschule hat der heutigen Botschafterin im Vatikan
den akademischen Grad in einem wasserdichten Verfahren aberkannt -
weil die Studentin Schavan vor 30 Jahren vorsätzlich betrogen hat.
Punkt. Bundestagspräsident Norbert Lammert, nach Bundespräsident
Joachim Gauck der zweite Mann im Staat, stört das nicht. Er zieht
seine Zusage zu einer Festrede zurück - weil er in der Angelegenheit
Schavan kein unbefangener Beobachter sei. Wer aber nicht unbefangen
ist, ist im Umkehrschluss parteiisch. Der Bundestagspräsident stellt
sich also auf die Seite Schavans. Besonders stört den CDU-Mann die
Ehrung der Professoren Bruno Bleckmann und Stefan Rohrbacher durch
die Heine-Universität. Die Universitätsmedaille wäre zwar nicht nötig
gewesen, weil sie wie eine Selbstbestätigung anmutet, falsch ist die
Auszeichnung aber keineswegs. Erst kürzlich machte die Hochschule in
ihrem Abschlussbericht zum Fall Schavan öffentlich, wie massiv sie
während des Verfahrens bedrängt, ja regelrecht unter Druck gesetzt
wurde - von Großfunktionären aus dem Wissenschaftsbetrieb, von
Schavans Parteifreunden Gröhe und Kauder und von der Plagiatorin im
Ministeramt höchstselbst, die unter anderem Sonderrechte wie einen
externen Gutachter für sich reklamierte. Dass sich die Uni jeden
Versuch der Einflussnahme verbeten hat und das auch weiterhin tut,
ist völlig nachvollziehbar und keineswegs der Versuch, Kritiker
mundtot zu machen, wie Lammert unterstellt. Vermutlich handelt er aus
Solidarität mit einer Parteifreundin, die sich ungerecht behandelt
fühlt. Auf ihren angedrohten Gang durch die Instanzen verzichtet
Schavan - dafür wird sie überzeugende Gründe haben. Die gibt es für
Lammert nicht. Er hätte gut daran getan, auf das Nachtreten zu
verzichten.
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