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Westfalen-Blatt: zum Wulff-Urteil

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(ots) - Christian Wulffs Richter hat gesprochen. Er
ahnt, dass sein Freispruch erster Klasse medial nur von kurzer
Wirkdauer sein wird. Deshalb hinterlässt uns Frank Rosenow deutsche
Hauptsätze wie in Stein gemeißelt: »Es gibt nur schuldig oder
unschuldig. Ein bisschen schwanger geht nicht.« Und: »Es gibt
schlicht keine schlagkräftigen Beweise gegen die Angeklagten.« Der
erfahrene Berufsrichter ist trotz eines politisch-medialen
Kesseltreibens ohne Gleichen von Wulffs Unschuld zutiefst überzeugt.
Er weiß, dass es sehr wahrscheinlich eine Revision geben wird. Das
nächste Verfahren wird ganz darauf angelegt sein, ihm, dem Richter am
Landgericht Hannover, Fehler nachzuweisen. Nur so könnte dem
Angeklagten, jetzt noch etwas ans Zeug geflickt werden. Rosenow wird
sich in den nächsten Monaten und Jahren nicht äußern können.
Interviews kommen für einen Richter nicht infrage. Christian Wulff
ist juristisch rehabilitiert, moralisch aber weiter diskreditiert.
Ein Anfangsverdacht, der zum sofortigen Rücktritt führte, hat sich in
Schall und Rauch aufgelöst. Dennoch gibt es für Wulff keinen Weg
zurück - weder ins alte Amt, noch in eine andere politische Position.
Schon gestern setzte in einigen Kommentaren wieder die große
»Ja,-aber«-Rede ein. Wulff sei in einem unsinnigen Prozess zwar
freigesprochen, bleibe moralisch aber auf alle Zeiten unhaltbar.
Schließlich habe er 2010 im Landtag von Niedersachsen einen
Privatkredit für sein Wohnhaus verschwiegen. Der Ministerpräsident
war damals von der Opposition in einem Trommelfeuer von Einzelanfragn
auch nach »geschäftlichen Beziehungen« zu einem Osnabrücker
Unternehmer gefragt worden. Ja, Wulff ist weggetaucht und hat etwas
verschwiegen. Keine Frage. Und jetzt? Heute wissen wir, alles was
danach kam war von der Kategorie Bobycar. Letzteres hatte ein
eifriger Autoverkäufer seiner damaligen Frau aufgedrängt. Die Medien




hätten sich nichts vorzuwerfen, erklärte auch der Deutsche
Journalistenverband. Man habe berichtet und sein Wächteramt
wahrgenommen, sagte Vorsitzender Michael Konken. Was er relativiert:
Dutzende Aufseher von der vierten Gewalt haben nicht nur gewacht, sie
haben auch zur Jagd geblasen. Das muss an diesem Tag des Urteils
ebenfalls festgehalten werden. Die Frage, in wieweit allein Erregung
und Entrüstung zu Rücktritten ohne Grundlage oder »nur« zur
Beschädigung von Menschen führen, muss dringend diskutiert werden.
Bedauerlich: Selbstkritische Reflexionen sind in diesem
meinungsfreudigen Gewerbe bislang die Ausnahme. Auch der mediale
Umgang mit dem damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ist
schneller vergessen als aufgearbeitet. Selbst der Tort, der
Bundespräsident Horst Köhler intern und extern angetan wurde, wird
gern übersehen. Deshalb: Skandale ohne Fakten sind einfach nur
peinlich.



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Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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Datum: 27.02.2014 - 21:00 Uhr
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