(ots) - Christian Wulff hat gewonnen. Er, der das
höchste Amt, die Frau, das Haus und in der Wahrnehmung vieler auch
die Ehre verloren hatte, steht nach dem Freispruch als Sieger da.
Wo ein Sieger ist, müsste es auch Verlierer geben. Nicht nur in
Gestalt beißwütiger Staatsanwälte, deren Ermittlungen zum Rücktritt
des Bundespräsidenten führten und die sich schon deshalb unter Druck
fühlten, zu liefern. Und sich dabei verrannten - so die Kritik. Auch
die Medien könnten, wenn man nach einem Freispruch in den Kategorien
von Sieg und Niederlage denkt, als Verlierer dastehen. Treibjagd,
Medienkampagne - so die Vorwürfe.
Dass es Grenzüberschreitungen gab, dürfte unstrittig sein. Aber
auch wenn am Ende strafrechtlich nichts übrig bleibt: Es ist eine für
die Gesellschaft wichtige Aufgabe der Medien, mögliche
Unregelmäßigkeiten auszuleuchten. Dazu hatten die Umstände eines
Hauskredits der Wulffs durchaus Anlass gegeben. Dass es dann weiter
und immer weiter ging, hatte auch mit dem Taktieren Wulffs zu tun,
der es versäumte, die ganze Wahrheit auf den Tisch zu legen. Was zu
weiteren Recherchen führte.
Schon vor Prozessbeginn war fast nichts von den zahlreichen
Vorwürfen übrig geblieben. Das aber zeigt gerade die Stärke des nicht
strafwütigen Rechtsstaats. Das Argument, ein Prozess wegen des
letzten übriggebliebenen Punkts sei wegen der "paar hundert Euro"
überzogen, ist indes falsch. Der Betrag spielt keine Rolle, wenn es
um die Frage geht, ob der erste Mann im Volk eventuell bestechlich
ist. Er muss sich an den Maßstäben messen lassen, die an jeden
Beamten angelegt werden.
Dass Wulff auch diesen letzten Vorwurf nicht stehen lassen wollte
und eine Verfahrenseinstellung gegen Zahlung von 20 000 Euro
ausschlug, war konsequent. Nur ein Freispruch führt zur rechtlich
weißen Weste. Eben dies sollte die Öffentlichkeit nun anerkennen.
Zwar kann niemand vor Gericht seinen guten Ruf einklagen, und am Bild
des einst so steilen Aufsteigers wird manches durch die Affäre
bekannt Gewordenes hängen bleiben. Doch der Freispruch darf nicht nur
als rechtliche Reinwaschung angesehen werden, sondern sollte auch zu
einer medialen Resozialisierung Wulffs beitragen.
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